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103 erfiillen, bis in das kleinste Detail in der Organisation der Universität objektiviert werden.’^ Das Streben nach Realisierung, das den dynamischen Zug in demgrofien Systemder Wissenschaft ausmacht, legte den Grund zu der Fakultatseinteilung. Da die abstrakte wissenschaftliche Einheit nur durch sachliche Abgrenzung objektiviert werden kann, wird diese vor allemvon den besonderen Bestimmungen der drei positiven Wissenschaftszweige ausgedriickt: „Es wind also auch der aufiere Organismus des Wissens vorzuglich auf drei voneinander geschiedenen und dock aufierlich verbundenen Wissenschaften beruhen.“’« Durch diese drei Fachwissenschaften —Theologie, Medizin und Rechtswissenschaft — wird die wissenschaftliche Methode in Anwendung gebracht; dadurch soli der empirische Stoff so organisiert werden, dal? eine sowohl sachliche als auch wissenschaftliche Abgrenzung und Strukturierung des Stoffes zustandekommt. Das Resultat dieses Strebens nach Realisierung, die spezialwissenschaftliche Methodik, setzt mithin eine Verschmelzung der schöpferischen Kraft des Subjekts und des Dinges an sich voraus. Charakteristisch fiir Schellings Auffassung iiber die Freiheit der fachwissenschaftlichen Tätigkeit ist die Betonung des besonderen Geistes dieser Disziplinen, deren bildender Kraft. Eine Folge des Handlungspotentials dieser positiven Wissenschaften ist die Entstehung der Fakultäten. Die einzelne Fakultät vermag nämlich, die spezialwissenschaftliche Aufteilung noch manifester und dadurch auch geschiitzter zu machen. Durch diese Objektivierung der Objektivierung wurde die „Anspruchslosigkeit" des wissenschaftlichen Argumentationsgrundes zu einer Macht mit der Fähigkeit auf die Aufienwelt gestaltend zu wirken verwandelt, denn ,,insofern die Wissenschaften durch den Staat und in ihm eine wirklich objektive Existenz erlangen, eine Macht werden, heil?en die Verbindungen fiir jede derselben insbesondere Facultäten“.'°° Ein Vergleich von Kants Definition AaO. S. 247: „Ich werde demnach zunächst den Zusammenhang aller Wissenschaften unter sich, und die Objektivität, welche diese innere, organische Einheit durch die äufiere Organisation der Universitäten erhalten hat, darstellen miissen". AaO. S. 283. ” Siehe aaO. S. 213. Vgl. Schelsky, aaO. S. 57 f. Schelling, aaO. S. 283. Aus diesemZitat geht klar die starke Betonung des wissenschaftlichen „Handelns“ hervor, was so charakteristisch fiir den schellingschen Fakultätsgedanken ist, siehe hierzu König, aaO. S. 146 f. Der Gegensatz zwischen den praktischen (Berufs-)Anforderungen der Gesellschaft an die akademische Bildung und dem Interesse der Wissenschaft wurde ja von Schelling als ein Hindernis fiir die eigentliche Bildung dargestellt. König nimmt Schelling ebenso fiir den Ruhm in Anspruch, diese zwei, scheinbar direkt entgegengesetzten Interessen in dem Begriff der wissenschaftlichen Bildung zu versöhnen vermocht zu haben. Vgl. Historisches Wörterhuch der Philosophic, Bd. I [„Bildung“], Sp. 926. Hinsichtlich der Frage, wie der idealistisch geprägte Anspruch der Universität auf Einsamkeit und Freiheit imallgemeinen gedeutet werden soil, siehe vornehmlich Schelsky, aaO. passim, sowie Nipperdey, aaO. insbes. S. 480 f. und ders. Nachdenken iiber die deutsche Geschichte, S. 141 och S. 148 f. Es ist offenbar, daF der Anspruch auf Freiheit in keiner Weise im Gegensatz zu der Aufgabe der Universität, bildend auf ihre Umwelt zu wirken. 100

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