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88 Staat ware unstreitig befugt, die Akademien ganz aufzuheben oder in Industrieund andere Schulen von ahnlichen Zwecken umzuwandeln; aber er kann nicht das Erste beabsichtigen, ohne zugleich auch das Leben der Ideen und die freieste wissenschaftliche Bewegung zu wollen versitäten ist: „sie sollen demStaat seine Diener bilden zu vollkommenen Werkzeugen seiner Absichten." Diese Werkzeuge sollen doch aber ohne Zweifel durch Wissenschaft gebildet werden. Will man also jenen Zweck der Bildung, so mufi man auch die Wissenschaft wollen. (Die gewöhnliche Ansicht von Uni- « 52 Aus diesem Zitat geht hervor, daft der grundlegende Gegensatz zwischen inneren und äufieren Zwecken in der Erkenntnis, was die akademische Bildung anbelangt, von der Wahl zwischen Universität und Industrieschule dargestellt wird. Diese verschiedenen Alternativen fiir die Gestaltung der höheren Ausbildung werden nämlich dadurch charakterisiert, dal5 sie entgegengesetze Interessen befördern. Die Universität - oder die Akademie, wie Schelling die Anstalt fiir wissenschaftliche Bildung bezeichnet - mufite als Voraussetzung, ein Ausdruck fiir das wissenschaftliche Interesse sein. Allein dadurch, dafi diese aufgehoben und mit Industrie- oder Fachschulen ersetzt wird, kann der höheren Ausbildung gestattet werden, dal? sie von äufieren Zwecken gelenkt wird. Die Industrieschulen werden, nach Schellings Auffassung, dadurch gekennzeichnet, daft sie nur unselbständige Werkzeuge fiir äufiere Interessen sind. Auf diese Weise wurde auch Kants Bestimmung der Stellung der oberen Fakultäten formuliert: die obere Fakultät war nur „ein demiitiger Diener“,^^ äufieren Zwecken unterworfen. Statt, wie es richtig wäre, eine Alternative zu demwissenschaftlichen Interesse darzustellen, war die Abhängigkeit von diesen äufieren Zwecken die vorwiegende Bestimmung fur die Tätigkeit der oberen Fakultäten. Die Tätigkeit der oberen Fakultäten war mithin, nach Kants Auffassung, notwendigerweise nur brotwissenschaftlich.^"* Dies bedeutete, dafi die Aufgabe und Tätigkeit der oberen Fakultäten in der Universitätsorganisation des gesetzmäf^igen Streits der Fakultäten offenbar mit Schellings Definition von dem Zweck der Industrieschule zusammenfällt. Auch die akademische Methode, die das Brotstudium der Industrieschule beherrschte, erinnert an Kants Charakterisierung der schulmälsigen Ausbildung^^ von Staatsdienern durch die oberen Fakultäten, denn: AaO. S. 229. Kant, aaO. S. 330. Schelling, aaO. S. 242; „Man hat den Ekelnamen der Brodwissenschaften allgemein denjenigen gegeben, welche unmittelbarer als andere zumGebrauch des Lebens dienen“. Siehe Kant, aaO. S. 344, hinsichtlich des einseitigen Einholens von totem historischen Stoff durch die Studenten. Die Aufteilung der Studenten in eigentlich Gelehrte und nur Literaten hatte, nach Kants Auffassung, ihren Grund imUnterschied zwischen einer Ausbildung, in der alle Kraft auf den unkritischen Erwerb des Gegenstands der Erkenntnis vervvendet wurde und der wahren akademischen Ausbildung, die die Potenzierung des eigenen Auffassungsvermögens des Studenten zur Zielsetzung hatte, siehe auch aaO. S. 328.

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