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86 Auch die Vielfalt der Fakultätseinteilung mufite deswegen, gleich der allgemeinen Struktur der Universität, wissenschaftlich begriindet sein/’ Schelling beabsichtigte mit den Vorlesungen iiber die akademische Methode, einen solchen notwendigen Grund fiir die Tätigkeit in den akademischen Zusammenschliissen zu finden und der Weg dorthin fiihrte zwangsläufig durch das Studium der historischen Erscheinungsformen der Universitätsidee. Schelling stellte daher fest, daE die aktuelle Gestaltung der Universität, mit sowohl Mängeln wie Verdiensten, besser als alles andere die Zwecke widerspiegelte, die ihrer Entwicklung zugrunde lagen; ..Wohl könnte es des Philosopher! wurdiger scheinen, von demGanzen der Wissenschaften ein unabhängiges Bild zu entwerfen und die Art der ersten ErkenntniE desselben an sich selbst, ohne Beziehung auf die Formen bloE gegenwärtiger Einrichtungen, vorzuschreiben. Allein ich glaube in dem Folgenden beweisen zu können, daE eben auch diese Formen in dem Geist der neueren Welt nothwendig waren, und wenigstens auEere Bedingungen der Wechseldurchdringung der verschiedenartigen Elemente ihrer Bildung so lange seyn werden, bis durch jene triibe Mischung der letztern sich zu schöneren Organisationen geläutert haben wird.“ Der Ausdruck der Universitätsidee in der Historie wird indessen nicht allein von deren wahren Ziel geprägt. Andere, ftir die akademischen Anstalten fremde Zwecke, steuerten nach Schellings Auffassung inzwischen die Gestaltung der Universität. In der triiben Mischung, auf die Schelling sich in diesem Passus bezieht, verbarg sich die Gegensätzlichkeit von auf innere und äuEere Zwecke gegriindeter Tätigkeit - dies waren die verschiedenartigen Elemente, die die prekäre Lage der Universität verursacht hatten. Da zwei untereinander so entgegengesetzte Interessen wechselweise die Entwicklung der Universität beherrschten, hatte dies zu einer unausweichlichen Splitterung der notwendigen Einheit der akademischen Tätigkeit gefiihrt und auf diese Weise war der Streit der Fakultäten entstanden. Diese widerspruchsvolle Auffassung von dem Zweck der akademischen Zusammenschliisse konnte nur dadurch verändert Dieses Streben nach Aussöhnung zwischen Vielfalt und Einheit stellte nur eine Folge der erreichten Harmonie zwischen der organischen Bildung und demphilosophisch notwendigen Ausgangspunkt in dem absoluten Vernunftsstandpunkt dar. AaO. S. 223. Schellings Versuch, durch ein Studiumder historischen Erscheinungsformen der Fakultatsorganisation, Erkenntnisse iiber deren Idee zu gewinnen - ein von dem Charakter der schellingschen Wissenschaftsauffassung her gesehen konsequenter Ansatz - hegegnete heftiger Kritik von u.a. Schleiermachers Seite, siehe König, \'om Wesen der deutschen Universität, S. 137. Schleiermachers Proteste hatten zummdest teilweise ihren Grund in einer anderen Einstellung zum Verhaltnis zwischen Philosophie und Spezialwissenschaft als die, die Schelling verfocht, s. unten S. 265 f. Vgl. Sprängers Auffassung in W'. v. Humboldt und die Reformdes Bildungswesens, S. 201 f. Spränger meinte, daE Schellings Versuch, einen Weg zur Darstellung der Idee der Fakultat iiber deren historische Entwicklung zu finden, ihn nur dazu fiihrte, willkiirliche und zufallige Konstruktionen aufzustellen. Anders König, aaO. ibidem.

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