84 gesetzlichen Einflufi haben und eine besondere Klasse von Literaten ausmachen, die nicht frei sind, aus eigener Weisheit, sondern nur unter der Zensur der Fakultäten von der Gelehrsamkeit öffentlichen Gebrauch zu machen, mtissen, well sie sich unmittelbar ans Volk wenden, welches aus Idioten besteht (. . .), in ihrem Fache aber zwar nie gesetzgebende, doch zum Teil die ausiibende Gewalt haben, von der Regierung sehr in Ordnung gehalten werden, damit sie sich nicht iiber die richtende, welche den Fakultäten zukommt, wegsetzen. Die kantianische Umformulierung der Frage, die hinter demStreit der Fakultäten steht, scheint jedoch in Konflikt mit der selbständigen Stellung, die Kant trotz allemder Universität in corpore zuzuschreiben scheint, zu stehen/'* Den einzigen möglichen Grund fiir eine derartige akademische Autonomie stellt die wissenschaftliche Einhelligkeit dar, die gerade dem kantianischen Universitätsgedanken fehlt. Die einzige freie Einheit in dem Universitätsorganismus war, nach Kants Auffassurig, die philosophische Fakultät, die kraft der reinen Wissenschaftlichkeit ihrer Lehre sich von jeder utilitaristischen Forderung freizumachen vermochte. Aber auch die philosophische Fakultät wurde von dem grundlegenden Gegensatz zwischen rationaler und historischer Erkenntnis - dem charakteristischsten Zug in der kantianischen Erkenntnistheorie - durch die Aufteilung der Fakultät in zwei Abteilungen beriihrt. Aufierdem scheint nicht einmal die Existenz einer wirklich freien philosophischen Fakultät einen ausreichenden Grund fiir die Autonomie der Universität darstellen zu können. Die Drohung gegen die Einheit der Universität und damit auch gegen deren Autonomie, zu der der gesetzmäfiige Streit der Fakultäten Veranlassung geben konnte, war der Anlafi fiir Friedrich WilhelmJoseph von Schelling, Kants Ståndpunkt in der Frage iiber die Fakultätsorganisation zu kritisieren.'*^ In den AaO. S. 328. Vgl. S. 344; „Die obere Fakultäten sind nämlich der Regierung fiir nichts weiter verantwortlich, als fiir die Instruktion und Belehrung, die sie ihren Geschaftsleuten zum offentlichen Vortrage geben . . Die kantianische Aufteilung der Universität in Ausbildung von „Geschäftsmänner" und eigentlich Gelehrten spiegelt den Abgrund, der sich zwischen Theorie und Praxis durch die Kritik der reinen Vernunft öffnete. Siehe Kiefner, Hans, Der Einflujl Kants auf Theorie und Praxis des Zivilrechts im 19. Jahrhundert, passim und Dilcher, Gerhard, Bildungsbegriff und Wissenschaftlichkeit als Bezugspunkte der Entwicklung der Rechtsunssenschaften, S. 160. AaO. S. 327; die Formulierung ist zwar etwas vage - „uber Gelehrte als solche können nur aber es kann doch kaum ein Zweifel iiber die Bedeutung von Kants Anspruch an die Autonomie der Universität bestehen. Dieses wird besonders sichtbar, wenn man diesen Passus mit der Definition von der Freiheit der philosophischen Fakultät und Kants Behauptung, dafi die Tätigkeit der philosophischen Fakultät den Grund fur jedes akademische Studium darstellt, vergleicht. Die Tatsache, dafi Schelling die Darstellung der Universitätsorganisation mit der Kritik an dem kantianischen Ståndpunkt einleitete, bedeutet nicht, dal? Schelling in seinen Methodenvorlesungen versuchte, einen vollständigen Bruch mit der Sehweise, die den gesetzmäfiigen Streit der Fakultäten prägte, zu vollziehen. Statt dessen ist es sicherlich so, wie Ernst Anrich imVorwort zur Idee der deutschen Universität feststellte, dal? Kants Schrift Streit der Fakultäten eine der „geistigen Vorstufen" zur Entwicklung der idealistischen Universitätskonzeption darstellte, siehe S. XI. Die Charakteristika der freien Wissenschaft prägen diese Entwicklung bereits von deren Beginn an im Kampf gegen den gesetzwidrigen Streit der Fakultäten, vgl. Schroder,]., aaO. S. 145, Fn. 71 {„beginnend mit Kants Streit der Fakultäten . . .“). « 43 Gelehrte urtheilen“
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