362 iiberhaupt nur Undén von Macht in Verbindung mit Recht spricht. Ein Jurist wie Afzelius scheut sich dagegen, die Frage der Macht in Verbindung mit der Entwicklung von Rechtsordnungen zu stellen.’^ Der deutsche Rechtshistoriker Dieter Grimm hat vor einigen Jahren in einem Aufsatz versucht, die Machtfrage bei Wahlen und bei der Benutzung der juristischen Methode zu untersuchen. Zusammengefasst kann man seinen Gedankengang folgendermassen wiedergeben: Eine Rechtsnorm ist allein durch ihr tormelles Inkrafttreten noch nicht vollständig bestimmt und mit Inhalt gefullt. Folglich sind die Anwendungsregeln in einer Rechtsordnung genau so wichtig wie die Rechtsnormen selbst. Was aus diesen wird ist damit von der verwendeten Methode abhängig. Damit wird es möglich, sie unter Machtgesichtspunkten zu erörtern.''’ Grimm hat den deutschen juristischen Positivismus als Beispiel der Bedeutung einer machtbezogenen juristischen Methode gewählt. Einer historischen Grundautfassung von der Rechtsentwicklung erscheint das geltende Recht gern als das historische Slussergebnis dieser Entwicklung. Dadurch gewinnt es leicht erne Legitimitat an sich, und Grimms Schlussfolgerung lautet: ”Insotern damit das bestehende Recht immer auch das legitime ist, fungierte Savignvs Methodenlehre als Stiitze der bestehenden Verhaltnisse . . . Die begriffsjuristische Methode implizierte vielmehr erne Entscheidung in der Sache. Sie war erne Option fur den bestehenden Zustand.” 1st dann die rechtsdogmatische (=begnffsjuristische) Methode immer eine Entscheidung fur den bestehenden Rechtszustand und damit fiir die derzeit existierende Gesellschaft? Und wenn man diese Frage bejaht, welche Funktion hat dann eine solche Methode? Wenn sie praktisch eine Verteidigung des status quo ist, bedeutet dann dieser Umstand, dass die Gruppe oder Gruppen, die die Macht in der Gesellschaft haben, auch die Ausformung und die Anwendung der Rechtsnormen kontrollieren können? Grimm gibt Beispiele einer solchen Perspektive, wie man die juristische Methode benutzen kann, um den status quo im Interesse der friiheren Machthaber zu erhalten. Er kniipft in diesem Zusammenhang an die Page in Deutschland 1918-19 und den revolutionären Ubergang vom Kaiserreich zu Weimarer Republik an. Bemerkenswert ist, dass der status quo nicht immer den Inhalt zu haben braucht, den Grimmihmunter Verwendung der rechtsdogmatischen Methode gibt. Undén meint, dass die konsequente Verwendung dieser juristischen Methode ein bedeutender Schutz der Nicht-Machthaber oder der schwächeren Partei in einem gesellschaftlichen Konflikt in damahgen Schweden sem kann. Die Arbeiter könnten ihre Zuflucht zu einer strikt juristischen Argumentation nehmen, um ihre Interessen gegeniiber den Arbeitgebern und den Aktionen der konservativen Regierung Lindman nach dem grossen Streik von 1909 zu wahren. Mit diesem Urteil zeigt Undén, welche Bedeutung die rechtliche Normbildung hat und welches Gewicht den Anwendungsregeln zukommt.
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