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361 Rechts bessere Möglichkeiten bedeuten, sich die moderne Rechtswissenschaft und deren Ergebnisse anzueignen. Vor diesem Hintergrund wird es bedeutsam, dass Afzelius Jherings Programm ”durch das römische Recht iiber das römische Recht hinaus” zu dem seinigen machte. Auch Hagströmer knupft bei seiner Darstellung der juristischen Methode an Jhering an. Wohlgemerkt handelt es sich bier urn das konstruktive Denken des jungen Jhenng. An den neuen Einsichten und Versuchen des ”Neudenkens”, wie sie sich beim ”alten” Jhering finden, ist man weniger interessiert. Es ist deshalb kennzeichnend, dass es nicht möglich war, bei den hier untersuchten schwedischen Juristen einen Widerschein der neuen Tendenzen in der deutschen Rechtswissenschaft zu finden, die gleich nach der Jahrhundertwende in Eorm der Interessenjurisprtidenz, der Freirechtsschule und der Rechtssoziologie hervortreten. Die Lehre der Historischen Schule, dass es unerlässlich sei, die Rechtsentwicklung bis zum heute geltenden Recht zu studieren, setzte sich in der schwedischen Rechtswissenschaft vollständig durch. Wenn auch einzelne Forscher, wie Nordling, gewisse Vorbehalte gegen diese Betrachtungsweise hatten - vor allem hinsichtlich der Gesetzgebung — so bleibt das eine Ausnahme gegeniiber der ansonsten kompakten Ubernahme der historischen Ausrichtung des Rechtsstudiums. Auf diese Weise wird die rechtsdogmatische Methode zur juristischen Methode schlechthin, mit deren Hilfe man feststellen kann, was als geltendes Recht angesehen werden soil. Es handelt sich um eine Methode mit der Tendenz, sich mit dem geltenden Recht zu beschäftigen, ohne dessen Geltungsgrund in Frage zu stellen. Deshalb lag es viel näher, Abhandlungen de lege lata statt de lege ferenda zu schreiben. Damit kann man zu einer mehr oder weniger unkritischen Annahme der geltenden Rechtsordnung und indirekt der bestehenden Gesellschaft gelangen. Zugleich ist darauf hinzuweisen, dass den hervorragendesten schwedischen Juristen diese Fragestellung nicht verborgen war. Einige der hier untersuchten Rechtsgelehrten entfalteten zwar nur eine rein akademische Tätigkeit (Fiagströmer und Winroth), aber viele von ihnen verliessen die Universität und wurden hohe Richter (Afzelius, Almen, Fiammarskjöld und Trygger) oder betätigten sich gesetzgeberisch (Afzelius, Almén und Hammarskjöld). Ausserdem waren viele der hier untersuchten Juristen längere Zeit haupsächlich politisch tätig (Afzelius, Hammarskjöld, Lundstedt, Trygger und Unden). Personen, die sich mit Gesetzgebung beschäftigten oder politisch tätig waren, konnten selbstverstandlich in Rechtsfragen nicht passiv bleiben. Ohne Riicksicht auf ihre politische Wertungen waren sie sicherlich häufig bestrebt, in wichtigen Punkten die geltende schwedische Rechtsordnung zu verändern. Aber das war keine eigentlich juristische Aufgabe. Gleichwohl konnte der Fachjurist auch tatsächlich eine politisch bedeutende Rolle spielen. Welche Bedeutung kam dann der juristischen Methode unter Machtgesichtspunkten zu? Zunächst ist festzustellen, dass von den hier untersuchtenJuristen

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