RB 40

360 Hinsich vermisst, so konnte das als Mangel an juristischer Wissenschaftlichkeit gedeutet werden. Man war also verpflichtet, die Eigenständigkeit der juristischen Wissenschah zu verteidigen. Hinzuweisen ist hier vor allem auf Windscheids und Labands methodische Glaubensbekenntnis. Fiir eine streng positivistische Betraehtungsweise ist diese Haltung selbstverständlich. Das gibt Anlass zur Frage, wie relevant die Frgebnisse der Abhandlungen der hier untersuchten schwedischenJuristen fiir die heutige Rechtswissenschaft sind. Auch ohne ausfuhrliche Untersuchung kann man feststellen, dass auch heute noch rechtsdogmatische Abhandlungen geschrieben werden. Der besondere Grundgedanke der juristischen Methode lebt noch. In gewisser Hinsicht wurde er gewiss durch die Uppsala-Schule in Frage gestellt. Axel Hägerström und Vilhelm Lundstedt und andere kritisierten die traditionelle Jurisprudenz m prinzipiell wichtigen Punkte, aber das hindert nicht, dass man noch Rechtswissenschaft in einer im wesentlichen gleichartigen Weise treibt wie die hier untersuchten Juristen. Fin wichtiger Unterschied ist aber, dass man jetzt der Rechtsprechung grössere Bedeutung beimisst. Auch teleologische Aspekten gehen in die juristische Analyse ein.^ Man darf auch nicht mehr die ”Begriffsjurisprudenz” imurspriinglichen Sinne vertreten. Das wiirde von der juristischen Gelehrtengesellschaft nicht mehr akzeptiert. Auch die heutigen schwedischen Rechtswissenschaftler zitieren aus Griinden der Kontinuitat rechtswissenschaftliche Werke vom Fnde des 19. Jahrhunderts. Neue Gesetze lassen zwar eine altere Arbeit in gewisser Hinsicht veralten, aber prinzipielle Ausfiihrungen sind davon nicht betroffen und können weiter wertvoll sein. Das gilt nicht zuletzt von der juristischen Begriffsbildung. Wenn Undén die Vertretungstheorie, die Verbandstheorie und die Kombinierte Theorie als Bezeichnungen fiir die Rolle der Gewerkschaft beimAbschluss von Tarifverträgen nennt, dann ist festzustellen, dass diese Bezeichnungen noch heute im schwedischen Arbeitsrecht benutzt werden. Fin anderes Beispiel: Kurt Grönfors sagt von Hammarskjölds Abhandlung ixber den Frachtvertrag von 1886; Diese Arbeit ”. . . ist noch heute wichtig und aktuell; sie eröffnet interessante Perspektiven auch fiir den heutigen Transportrechtler. Sie ist trotz ihrer hundert Jahre noch zeitnah. Als die schwedischen Juristen römisches Recht studierten, hatten ihre Studien einen allgemeinen historischen Bildungswert im Rahmen ihrer juristischen Ausbildung. Fs ist jedoch darauf hinzuweisen, dass einige der hier untersuchten Juristen meinten, das Studium des römischen Rechts habe eine weitere Bedeutung. Daraus folgt, dass man dadurch eine wissenschaftliche Betrachtungsweise und eine Methode zur Analyse rechtlicher Probleme erwarb, die auch zur Lösung juristischer Alltagsprobleme bei Gericht relevant war. Weil die schwedischen Juristen in der Regel kein römisches Recht studierten, isolierten sie sich nach Hamiltons Urteil von der damaligen modernen, vor allem deutschen, Rechtswissenschaft in ungliicklicher Weise.'’ Umgekehrt musste deshalb ein vermehrtes Studium und bessere Kenntnisse des römischen w 11

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=