RB 40

357 Länder und im Zivilrecht vor allem die deutsche Rechtswissenschaft und das römische Recht heranzuziehen. Wenn auch die liier untersuchten schwedischen Rechtswissenschaftler in ihren Abhandlungen starke Einfliisse deutschen juristischen Denkens erkennen lassen und zugleich die rechtsdogmatische Methode rezipierten, gibt es doch Beispiele, dass sie sich später gegen allzu unselbständige oder mechanische Ubernahme von deutsch-römischen Gedanken durch jungere Forscher wandten. Hier ist u. a. an Björlings Gutachten iiber Lundstedts Abhandlung zu erinnern.' Diese Zuriickhaltung wird auch deutlich in Winroths Gutachten iiber Nils Alexandersons Habilitationsschrift ”Bidrag till läran om penninganvisning enligt svensk rätt” (Beitrag zur Lehre von der Geldanweisung nach schwedischem Recht, Uppsala 1904), Nach Winroths Meinungwies Alexandersons Abhandlung einen schweren Fehler auf: Der Verfasser hatte juristische Begriffe benutzt, die nur im deutschen Recht zu Hause waren (wie: Voraussetzung, negatives Vertragsinteresse, ungerechtfertigte Bereicherung und abstrakter Vertrag).' Aber es verdient bemerkt zu werden, dass alle diese Begriffe (ausser dem des abstrakten Vertrages) von den schwedischen Zivilisten heute als selbstverständhcher Teil ihrer juristischen Begriffswelt angesehen werden. In Deutschland ging man bei der Lösung wichtiger zivilrechtlicher Probleme vornehmhch vom Gemeinen Recht aus. In einzelnen Fällen gab es Gesetze oder Rechtsprechung die die Aufgabe des Gemeinen Rechtes iibernahmen, und im Laufe des Jahrhunderts fullte die Gesetzgebung diese Liicken allmählich aus. Den Schlusspunkt dieser Entwicklung biidete das Inkrafttreten des BGB. Damit hörte das gemeine Recht auf, geltendes Recht zu sein, oder genauer: es war grossenteils im neuen Zivilgesetzbuch aufgegangen. Das Studium des römischen Rechts erhielt dadurch einen anderen Stellenwert in der deutschen Rechtswissenschaft, denn sie behandelte dieses Recht jetzt ausschliesslich als histonschc Erscheinung. Die hier beschriebene deutsche Entwicklung hatte auch Folgen fur die schwedische Zivilrechtswissenschaft. Die Bedeutung des deutschrömischen Pandektenrechts fiir das schwedische Recht trat zuriick, stattdessen interessierte man sich mehr und mehr fiir die deutsche Zivilgezetzgebung, vor allem fiir das BGB. ”Welch vortreffliches Gesetz!” bemerkte 1896 ein hoher schwedischer Richter dazu.'* Wo fiir ein bestimmtes Sachgebiet keine wegweisenden schwedischen Gesetze und auch keine Rechtsfälle vorlagen, ergab es sich gleichsam von selbst, von deutschen Gesetzesvorschnften, von gesetzgeberischen Vorarbeiten oder sogar von deutscher Rechtsprechung (Eundstedt!) auszugehen, um festzustellen, was als geltendes schwedisches Recht angesehen werde sollte. Häufig zog man auch die deutsche rechtswissenschaftliche Literatur zu diesem Zweck heran. Die deutschsprachigen Gesetze, auf die die hier untersuchten schwedischen Juristen oft hinweisen, und die sie als Grundlage ihrer eigenen Standpunktes

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=