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340 solchen Fallen ebenfalls kritisch, wie man in ihren Urteilen in den Protokollen der schwedischen Juristenfakultäten entnehmen kann. Im Kapitel 10 wird Alfred Winroths Abhandlung ”Om tjänstehjonsförhållandet enligt svensk rätt” (Das Gesindewesen nach schwedischem Recht) behandelt. Die Juristenfakultät in Uppsala fand Winroths Arbeit sehr verdienstvoll. Aueh ein moderner Leser findet seine Abhandlung hervorragend fiir ihre Zeit. Das Buch war als Erstlingsarbeit sehr selbständig, eine Frucht grosser Belesenheit und bedeutender wissenschaftlicher Kompetenz. Winroths Abhandlung hat zum grossen Teil rechtshistorischen Charakter und ist geprägt von Savignys Volksgeistlehre. Winroth meint, das nordische Recht habe sich in ältester Zeit einheithch entwickelt. Die nationale Sonderung von Recht und (jesellschaft sei erst später entstanden. Das ist eine Vorstellung, die gut zum Fntwicklungsgedanken der historischen Rechtsschule passte. Auch die These, es gebe gemeinsame urgermanische Ziige im siid- und nordgermanischen Recht, gehörte zu dieser Auffassung. Der germanistische Zweig der historischen Rechtsschule arbeitete ja mit solchen Vorstellungen und Winroth scheint diese Betrachtungsweise ubernommen zu haben. So benutzt er z. B. als zusammenfassenden Ausdruck fur die Verhältmsse der ältesten Zeit den Begriff der ”germanischen Gesellschaftsordnung” und der ”urspriinghchen Gesellschaftsordnung der germanischen Stämme”. Eine derartige Ausdrucksweise stimmt sehr gut mit den germamstischen Bestrebungen iiberem, fur das histonsche Morgengrauen ein germamsches Urrecht zu rekonstruieren. Auch die rein zivilrechtlichen Teile von Winroths Abhandlung zeigen deutlich Spuren deutschen Einflusses bei der rechtsdogmatischen Methode. Er erörtert die Frage, was einen Gesindevertrag im Unterschied zu anderen begrifflich nahehegenden Dienstverträgen kennzeichnet und findet, dass die locatio conductio opens der Vertragstypus ist, der dem Gesindevertrag am nächsten steht. Den fruheren schwedischen Rechtswissenschaftlern war es nicht gelungen, eine korrekte systematische Einteilung der Arbeitsverträge zu schaffen. Winroth dagegen meinte, es sei sehr gut möglich, eine möderne und zugleich fur Schweden typische Einteilung der Dienstverträge zu finden. Als Ausgangspunkt einer solchen Arbeit sah er ihren Zweck an. Winroths Zweckgedanke ist wahrschemhch von Jhermgs ”Zweck im Recht” beeinflusst. Es ist völlig klar, dass Winroth bei der Ausgestaltung seiner Abhandlung uber das Gesindewesen von deutschem )unstischen Denken beeinflusst w'orden ist. Es ist aber nicht so leicht auszumachen, ob er besonders starke Eindriicke von einem bestimmten Rechtswissenschaftler empfing. Der Einfluss liegt eher auf der allgemeinen rechtswissenschafthchen Ebene und kann kaum an eine bestimmte Person angekniipft werden. Im Kapitel 11 wird Ernst Tryggers (1857 — 1943) Bildungsgang behandelt. Er wurde 1881 juris kandidat und trat dann eine Studienreise nach Deutschland, der Schweiz und nach Frankreich an. In Berlin wurde er persönhch mit Bern-

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