Zusammenfassung Wissenschaftlich ausgebildete Juristen spielen eine wichtige Rolle in der sogenannten entwickelten GeselLschaft. Deshalb ist es eine wichtige Forschungsaufgabe, die Griinde ihrer theoretischen Betrachtungsweise und ihrer Arbeitsmethode zu untersuchen. Die vorliegende Untersuchung behandelt das theoretische juristische Denken imschwedischen Privatrecht am Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts (in der wilhelminischen Epoche). Schweden gehört zur kontinentaleuropäischen Rechtstradition. Kennzeichnend fur sie ist, dass ihre zentrale Rechtsquelle das Gesetz ist. Wegen ihrer allgemeinkulturellen Rolle und ihrer Bedeutung auf dem Gebiet der Rechtsbildung und der Rechtswissenschaft waren Deutschland und Frankreich die beiden möghchen Vorbilder des schwedischen Rechts in der Zeit von 1870 bis 1914. Während des 19. Jahrhunderts war die deutsche Rechtswissenschah die wichtigste Europas, und zwar zu einer Zeit, als es keine gemeinsame Gesetzgebung im politisch zersplitterten Deutschland (bis 1870) gab. Nachdem die napoleonischen Kodifikationen in Kraft getreten waren, beschäftigte sich die französische Rechtswissenschaft vor allem mit der Kommentierung und Auslegung der positiven Gesetze (L’ Écolc de 1’éxegése). Dieser nach innen gekehrte Charakter der französichen Rechtswissenschaft hatte zur Folge, dass sie im 19. Jahrhundert nur wenig Bedeutung ausserhalb Frankreichs gewann. Die deutsche Rechtswissenschaft nahm dagegen lange Zeit eine freiere Stellung gegeniiber dem Gesetz ein, entfaltete ein selbständiges System und war intellektuell anspruchsvoll. Fiir die schwedischenJuristen dieser Zeit gelangte sie zu zentraler Bedeutung. Man holte die theoretischen Vorbilder aus Deutschland, man unternahm Studienreisen dorthin, und man kniipfte wissenschaftliche und persönliche Kontakte. In der Wissenschaftsgeschichte herrscht bisher nur eine unbestimmte, allgemeine Vorstellung fiber diese Verhältnisse, denn bisher gibt es keine systematische Untersuchung dartiber. Demwill die vorliegende Arbeit abhelfen. Sie bietet zunächst eine Studie des Bildungsganges acht bedeutender schwedischer Rechtswissenschaftler bis zu ihrer Habilitation und legt dann den Gedankengang ihrer Habilitationsschriften dar. Sie verfolgt das Ziel darzustellen, was ihr juristisches Denken geformt hat, wie sich dieses Denken in ihrer Abhandlungen spiegelt, wie sie dabei von wissenschaftlichen Auffassungen der deutschen Rechtswissenschaft beemflusst wurden und in welcher Weise sie die pandektische Methode während ihrer Arbeit tibernommen haben.
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