412 toren sind jedoch problematisch und werden deshalb nur andeutungsweise versucht. 1. Realpolitik und politische Aktionen ohne unmittelbar sichtbare Relevanz fiir die militärische Rechtsentwicklung spielten fiir die gesamte Entwicklung der Gesetzgebungsfragen eine entscheidende Rolle. Während des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts bestand ein klarer Zusammenhang zwischen verteidigungspolitischen Ambitionen und neuen militärischen Rechtsregeln. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde die Militärgesetzgebung ganz oder zumindest iiberwiegend durch reine Parteitaktik und Parteipolitik in einer verteidigungspolitisch auBerordentlich komplizierten Situation vorangetrieben. Mängel der militärischen Rechtssicherheit wurden als Argument zur Verhinderung einer Modernisierung und Verstärkung der schwedischen Verteidigungsorganisation verwendet. Das fiihrte dazu, daB die Gesetzgebungsaktionen dieser Zeit primär von Zielsetzungen dominiert wurden, die neben den eigentlichen Rechtsfragen lagen oder fur sie sogar völlig irrelevant waren. 2. Im 17. Jahrhundert kam es in Schweden zu einer Rezeption ausländischer Rechtsregeln und Rechtslehren insoweit, als klassisches Militärrecht iiber deutsch-römische Quellen mit schwedischem Gedankengut verschmolz. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts wurde das schwedische Militärrecht dann kontinuerlich und nachdriicklich vom preuBischen Recht beeinfluBt. Gleichzeitig kam es zu einer starken Akkulturation von preuBischen Idealen, die vermutlich auf lange Sicht mehr fiir eine Obernahme preuBischen Gedankenguts bedeutet hat als die direkte Rezeption von Rechtsregeln. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kann man von einer bedeutenden Akkulturation norwegischer Straf- und ProzeBrechtsideen sprechen, die unzweifelhaft die weitere Entwicklung der Militärgesetzgebung in radikalisierender Weise beeinfluBt hat. 3. Der Rechtspluralismus war trotz nachdriicklich vorgebrachter Behauptungen des Gegenteils im groBen ganzen unbedeutend. Der Soldatenstand verfugte zwar uber eine eigene Ethik, war besonderen Kriegsgesetzen unterworfen und wurde von eigenen Gerichten abgeurteilt. Eine nähere Analyse der militärischen Rechtsregeln und der sozialen Funktion der militärischen Institutionen und ihres Inhaltes ergibt jedoch mehr Ähnlichkeiten als Unterschiede zwischen Militärrechtlichem und Allgemeinrechtlichem. Ohne Erfolg blieben militärische Ambitionen, nach preuBischem Vorbild ein völlig autonomes System des Militärrechts zu schaffen. 4. Voraussetzung der Existenz des Militärrechts und besonders des Disziplinarrechts als gut funktionierendes gesellschaftliches Element war die Homogenität der sozialen Struktur. Während des ganzen 19. Jahrhunderts wurden die Gesetzgebungsorgane von einer Minderheit beherrscht,
RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=