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411 tigkeit ausiibten, die sinnvollerweise verlangt werden konnte. Hinzu kam, daB das Kontrollverfahren völlig unzureichend war. Die Stunde fur eine endgultige Entscheldung iiber das gesamte System des Militärrechts war schlieBlich gekommen, als die Linksparteien in der Zweiten Kammer zu der Auffassung kamen, die Oberste Leitung der Militärorganisation verhindere unter Berufung auf die Erfordernisse der Disziplin und unter Anwendung von Disziplinierungsmitteln eine allseitige Diskussion iiber den Verteidigungshaushalt, befiirworte Ausbildungsprinzipien, die den Willen der Soldaten brechen sollten, und bringe unangenehme Kritik durch Vergewaltigung des verfassungsrechtlich geschiitzten Rechts der freien MeinungsäuBerung und durch versteckte Schikancn zum Schweigen. Während der Reichstagsdebatte des Jahres 1901 iiber die Verlängerung der Wehrpflicht auf ein Jahr kam es schlieBlich zur Vereinbarung eines Kompromisses, Als Bedingung fiir eine Zustimmung zu der von der Regierung vorgeschlagenen Verlängerung auf ein Jahr verlangte die Linke und besonders Adolf Hedin und Karl Staaff, zwei ihrer hervorragenden Vertreter in der Zweiten Kammer, die Kriegsgesetzgebung solle vollen Umfangs dem Verfahren der Gesetzgebung durch vibereinstimmende Beschliisse von König und Regierung einerseits und des Reichstages andererseits unterworfen werden. Weiter solle die persönliche und sachliche Anwendbarkeit der Kriegsgesetze soweit nur irgend möglich beschränkt werden. Keine besonderen Militärstrafen und keine speziellen militärischen Rechtsgrundsätze sollten geschaffen werden und auBerdem sei die Zuständigkeit der Militärgerichtsbarkeit zu beschränken. Diesem Reformprogramm fugte Staaff schlieBlich seinen beriihmten Initiativantrag auf Einrichtung des Amtes eines Militärombudsmannes als Reichstagsbehörde bei, durch das eine effiziente Kontrolle des gesamten militärischen Bereiches — nicht nur der Militärrechtsprechung — gewährleistet werden sollte. 6. Die Dynamik der RecJjfsenfwicklung ans der Makroperspektive Das abschlieBende Kapitel entwickelt eine Makroperspektive der gesamten hier behandelten Zeit, um die fundamentale Frage nach den Faktoren zu beantworten, die die Rechtsentwicklung vorantreiben. In welcher Hinsicht kann die Geschichte der Rechtsregeln als Folge politischer und sozialer Prozesse erklärt werden, als Rezeption und Akkulturation fremder Rechtsregeln, Rechtsideen und Rechtslehren oder als Ergebnis direkter GesetzgebungsmaBnahmen und Änderungen der Rechtsprechung und Rechtsanwendung? Beurteilungen des Grades der Interaktion dieser Fak-

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