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404 weisungen versuchte das Komitee ein Korrektiv zu schaffen, das teilweise die Funktion des Ehrengerichts versehen hätte, wenn die Komiteevorschläge Gesetz geworden waren. 1859 erging eine Kgl, Verordnung zur näheren Regelung des Vorgesetztenverhaltnisses und der auBergerichtlichen Bestrafungen. Die eben erwähnte Vorgesetztentheorie wurde in ihr im wesentlichen ubernommen, die Priigelstrafe zwar beibehalten, aber die Institute der Ordnungswidrigkeiten und der Zurechtweisungen gesetzlich verankert. Fiir die Praxis ergab sich als direkte Konsequenz dieser Verordnung eine Humanisierung des Bestrafungswesens, denn es zeigte sich, daC der gröBte Teil militärischer Delikte mit Hilfe der beiden milderen MaBregeln geahndet werden konnte. 1868 erhielt die Rechtsentwicklung ihren natiirlichen AbschluB durch das Zustandekommen der Kriegsgesetze jenen Jahres, die getrennte strafund prozeBrechtliche Regelungskomplexe sowie eine besondere Disziplinarordnung umfaBten. Fiir die auBergerichtliche bzw. extrajudizielle Bestrafung im friiheren Sinne wurde die Bezeichnung Disziplinarbestrafung eingefiihrt. Disziplinarer Bestrafung unterlagen alle Formen militärischer Straftaten, die nicht Kriminalstraftaten im allgemeinen Sinne waren, und zu den Disziplinarstrafen wurden alle Strafformen gezählt, die nicht Kriminalstrafen waren. Wahrend der Vorarbeiten zu diesen Kriegsgesetzen hatte sich die paternalistische Disziplinlehre als auBerordentlich brauchbar erwiesen, und man wird mit Recht sagen können, daB das ganze Gesetzgebungswerk insoweit hauptsächlich auf dieser Lehre beruht, als in ihr die kriminalpolitischen Ansichten des Gesetzgebers ausgedriickt werden. AuBer Zweifel steht, daB der Gesetzgeber den Offizieren so differenzierte Korrektive bieten wollte, daB sie auch die kleinsten Vergehen und Ubertretungen ahnden konnten. Als Konsequenz ergab sich, daB die Priigelstrafe in den neuen Kriegsgesetzen vollen Umfangs durch andere Disziplinarstrafen und MaBregeln ersetzt werden konnte. Diese Humanisierung des Bestrafungswesens hatte eine sehr weitgehende Ausnutzung von Möglichkeiten der paternalistischen Disziplin verlangt. Als Konsequenz ergab sich jedoch die Forderung nach gesetzlichen Regelungen mit weiten Ermessensspielräumen. Die Untergebenen konnten nun einer eisernen Disziplin unterworfen werden, ohne daB besonders harte Disziplinierungsmittel erforderlich waren. Fiir die Rechtssicherheit ergaben sich hieraus schwere Komplikationen, denn das Disziplinarwesen war Kontrolle und Einblick fast vollständig entzogen. Impraktischen Rechtsleben war man zudem letztlich von einem Kriegshofgericht abhängig, dessen Fähigkeiten und Unparteilichkeit umstritten waren. Sobald der Abstand zwdschen militarischen und burgerlichen Rechtsgedanken und Rechtsanschauungen hinreichend groB ge-

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