400 heitsvoraussetzung bedeutete, daB ein Straftäter nicht der Priigelstrafe ausgesetzt werden durfte, sofern er nicht schon nach mehreren ergebnislosen Zurechtweisungen in eine besondere zweite Klasse von Soldaten hinabversetzt worden war. Das war die eine Seite der militärischen Rechtssicherheitsproblematik, die das erweiterte Kriegshofgericht zu lösen hatte. Die zweite Frage war die der Legalität, die ohne Wissen des Kriegshofgerichts insoweit besonders aktuell wurde, als König Carl XIV. Johan seinen Vertrauten Tibell unter stronger Geheimhaltung und unabhängig von der Arbeit des Gerichts Entwurfe eines Kriegsgesetzes erarbeiten lieB. Tibells Kriegsgesetzentwurf wurde ein KompromiB zwischen schwedischem und französischem Militärstrafrecht, der fiir diese Untersuchung aus zwei Griinden besonders interessant ist. Zum einen enthalt der Entwurf Gedanken, die sich in der Legalitatsfrage dem Minderheitsstandpunkt von 1826 vorsichtig nähern. Zum zweiten auBert Tibell jetzt eine gewisse Sympathle fiir das Institut des Ehrengerichts. Man wird alien Grund zur Annahme haben, daB Tibells Ståndpunkt auch der des Königs war. Der Entwurf entsprach jedoch so wenig dem Geist der Zelt, daB er als Grundlage fiir ein neues Militärgesetz ungeeignet war und deshalb spatestens 1834 zu den Akten gelegt wurde. Die Frage der Gesetzgebung und der Lösung des Rechtssicherheitsproblems war damit allein eine Sache des erwelterten Krlegshofgerichts geworden. Die Arbeit des Kriegshofgerichts wurde von dessen prominentesten Juristen, dem Kriegshofgerichtsrat Clas Livijn dominiert. Livljns primare Ziele entsprachen völlig der Anweisung des Kronprinzen, die Priigelstrafe jedenfalls einzuschranken und möglichst ganz abzuschaffen. Priigel fiihrten bestenfalls zu blindemGehorsam, gegriindet auf die Furcht vor körperlicheni Schmerz. Eine derartige Disziplin entsprach nicht der Burgergesinnung, die die Idee der Wehrpflicht tragen muBte. Von diesen kriminalpolitischen Zielen her formulierte Livijn ein militärstrafrechtliches Reformprinzip, das fiir die weitere Rechtsentwicklung groBe Bedeutung erhielt: Ziel und Zweck des Militärstrafrechts war es nicht nur, die Disziplin zu erhalten, ohne die keine Kriegfiihrung möglich war, sondern auch, die biirgerlichen Rechte und Freiheiten des einzelnen Soldaten zu schiitzen. Dieses Grundprinzip empfand Livijn als unvereinbar mit der Antilegalität, die in den friiheren Stadien der Gesetzgebungsarbeit zum Ausdruck gekommen war. Er wies deshalb den Gedanken einer autonomen Rechtsordnung des Militärstandes weit von sich; denn ebensowenig wie Priigel bei den Soldaten andere Gedanken als blinden Gehorsam erzeugen könnten, könnte ein Wehrpflichtgesetz seinen Zweck erfiillen, wenn es Rechtsvorstellungen sanktionierte, die dem lebenden Rechtsempfinden des Volkes fremd waren. Livijns Meinung nach v/iirde eine autonome Rechtsordnung fiir die Streitkräfte letztlich das Gegenteil
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