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397 suchen — durch ein Gesetz von 1812 eingefuhrt. Während der diesem Gesetz vorausgehenden Versuche hatte sich immer wieder gezeigt, daC das geltende Militärstrafrecht keine allgemeine positive Einstellung zum Institut der Wehrpflicht aufkommen lieB. Dementsprechend wurde das Wehrpflichtgesetz von 1812 nicht ohne gewisse Modifizierungen des geltenden Militärstrafrechts verabschiedet, durch die die besonders verhaBten Leibesstrafen abgeschafft und durch Arreststrafen verschiedener Länge und Härte sowie die Priigelstrafe ersetzt wurden. Diese Reformen waren sozial veranlaBt und wirkten sozial nivellierend. Hätte der Gesetzgeber die ehrenriihrigen Leibesstrafen nicht abgeschafft, wäre eine Beteiligung der höheren Klassen der Gesellschaft an der Wehrpflicht ausgeschlossen gewesen. Trotz aller Reformen blieb die auBergerichtliche Bestrafung letztlich unangetastet. Die Streitkräfte erhielten auf diese Weise sowohl Instrumente der Rechtspflege als auch besondere Straf- und Ordnungsmittel. Zwar entfielen die Möglichkeiten einer Ausbildung nach preuBischem Modell durch die Reformen von 1812, die grundlegenden Ideen hinter dem Modell auBergerichtlicher Erledigung einschlägiger Fälle blieben jedoch; das ergibt sich nicht zuletzt daraus, daB das Unmittelbarkeitsprinzip in der folgenden Zeit sehr strikt beachtet wurde. Der Grund dafiir, daB die Allgemeinheit dennoch die Einschrankung der Rechtssicherheit akzeptieren konnte, die das Unmittelbarkeitsprinzip mit sich fuhrte, lag darin, daB die auBergerichtliche Strafe die beste und rationellste Alternative zu den Todesstrafen darstellte, die sich wegen der ständigen Leuterungen als illusorisch und damit nur in sehr geringem Umfang abschreckend erwiesen hatten. Die Ausschaltung der Gerichte stand zudem in völligem Einklag mit den weithin vertretenen strafrechtlichen Reformideen, wie sie von dem Italiener Beccaria formuliert und fiir Schweden von Calonius, einem der maBgeblichen Juristen jener Zeit artikuliert worden waren. Wie die Beccarianer nahm Calonius an, daB eine schnelle bedingungslose Exekution wirksame Prävention bedeutete, ohne daB der Gesetzgeber besonders harte Strafen vorzuschreiben brauchte. Die damalige Zeit diirfte hierin kaum einen Wechsel prinzipieller Stellungnahmen gesehen haben. Der tatsächliche Unterschied zwischen geleuterten Todesstrafen und den Strafen, die in auBergerichtlichen Entscheidungen verhängt werden konnten, war in der Praxis unbedeutend. Das wesentlich Neue lag insoweit darin, daB die Strafe praktisch unmittelbar auf die Straftat folgte und daB dieses Wissen um den unvermeidlichen Vollzug der Strafe dem Straftäter vermutlich eine kräftige psychologische Stiitze bedeutete, die verbotene Handlung nicht zu begehen. Das Leuterungsverfahren hatte andererseits dem verurteilten Straftäter

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