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393 Versorgung soldier Verbände verlangte wirtschaftliche Mittel, die in dezentralisierten feudalen Gesellschaftsstrukturen nur ausnahmsweise zur Verfiigung standen. Erst nachdem die Gesellschaft einen gewissen Grad von Zentralisierung erreicht hatte, ergaben sich die materiellen und vor allem die organisatorischen Voraussetzungen fiir den Ubergang von der feudalen Reiterei zu den schwer bewaffneten Einheiten zu FuB, die man auf den Schlachtfeldern des 16. und 17. Jahrhunderts findet. Im Gegensats zu den Vorläufern der Lehnsrechtszeit war die besoldete Armee dem König als obersten Befehlshaber auf ganz andere Weise verbunden als das Lelinsheer. Anders als der Vorgänger war die besoldete Armee auch mehr oder weniger unabhängig vomOrt der Rekrutierung. Diese beiden Faktoren zusammen fiihrten zu besonderen rechtshistorischen Entwicklungen. Militarrechtsprobleme konnten im Hinblick auf die Leitung des Heeres sowie auf seine soziale Zusammensetzung und Rekrutierung und mangelnde territoriale Bindung nicht mehr nach unterschiedlichen Feudalrechtsordnungen behandelt werden. Die Entwicklung ging deshalb dahin, daB Fragen des Militarrechts zunehmend durch Gerichte und Verwaltungsbehörden gelöst wurden oder sogar gelöst werden muBten, denen es an festen territorialen Bindungen fehlte. Diese Entwicklung vollzog sich allmahlich, konnte aber auf lange Sicht folgerichtig nur zur Einrichtung besonderer Militärgerichte mit eigenen ProzeBordnungen und insbesondere zur Konstituierung von speziellen Militärstrafgerichten fiihren, die nach Normen urteilten, die von den Normen des allgemeinen Rechts abwichen. Die Entwicklung des Militärprozesses in Schweden entsprach in etwa der Entwicklung auf dem europaischen Kontinent. Besondere Burggerichte gab es in Schweden zwar schon im Mittelalter. Die Entwicklung der Militärgerichte zu gröBerer Selbständigkeit vollzieht sich jedoch erst unter den Vasa-Königen. Entscheidend wirkte hier ohne Zweifel Schwedens Einmischung in die kriegerischen Auseinandersetzungen während der zwanziger Jahre des 17. Jahrhunderts. Die Kriegsartikel von 1621 stellten ein Gesetz dar, das auf neue militärische Verhältnisse zugcschnitten war. ProzeBrechtlich waren diese Kriegsartikel — wie ihre Nachfolger — fiir eine bewegliche Armee abgefaBt. Der Umstand der Beweglichkeit wurde maBgeblich fiir Zusammensetzung und Zuständigkeit der Kriegsgerichte. Beide Gerichte — das Kriegsgericht und das Generalkriegsgericht — wurden völlig von militärischen Richtern beherrscht, eine Tatsache, die ihre Erklärung in zwei Gedanken findet. Zum einen verlangte besonders die Zuständigkeit des Gerichts der zweiten Instanz die Teilnahme von qualifiziertem militärischen Personal. Zum zweiten wurden die militärischen Verbände als in Fragen der Jurisdiktion selbständige Einheiten verstanden, die wegen ihrer Beweglichkeit keinem Territorialgericht fest

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