38 Recht letzten Endes durch die Iiiteressen der herrschenden Banernschicht beslimmt war. Auf diesen Gedanken vverde ich bei der Diskussion des nordgermanischen Quellenmaterials zuriickkommen.®^^ Der Gedanke fiihrt jedoch zu folgender Frage: lässt sich nicht die umgekehrte Entwicklung im sudgermanischen hochmittelalterlicheii Recht auf ähnliche Weise erklären? Sind möglicherweise die H.w.H.-Regeln der sudgermanischen Stadtrechte und der durch das Feudalwesen stark beeinflussten Landrechte der Ausdruck der Interessen der Biirger als Erwerber, Gläubiger und Hausbesitzer, wie auch der Interessen des Feudaladels, nämlich als wirksame Druckmittel gegeniiber säumigen Lehnsmännern und Pächtern? Derartige Möglichkeiten, die ausdriickliche Festlegung des Prinzips H.w.H. und dessen Fortbestånd im sudgermanischen Recht zu erklären, sind bisher nicht näher diskutiert worden. Die Autoren, die sich iiberhaupt hierzu geäussert haben, waren der Ansicht, dass z.B. die Interessen des Handelsverkehrs erst zu Elide des Mittelalters die Formulierung der Vindikationsregeln beziiglich anvertrauten Gutes beeinflusst haben.Es ist indessen offensichtlich, dass man schon angesichts der ErkUirung, die oben beziiglich des H.w.H.-Prinzips im ältesten germanischen Recht vorgeschlagen wurde —nämlich dass es seine Geltung hatte auf Grund mangelhafter Regelbildung, die ihrerseits durch die Seltenheit von Slreitfällen wegen anvertrauter Habe bedingt war —, Veranlassung hat, diesen älteren Standpunkt erneut zu iiberprufen. Denn durch das schnell aufbluhende städtische Leben muss die Frequenz von Streitigkeiten wegen anvertrauten Gutes — besonders wegen von Gläubigern gepfändeler Sachen —stark zugenommen haben. Weshalb legen dann so viele sudgermanische hochmittelalterliche Stadtrechte den Grundsatz H.w.H. fest und weshalb erhält er sich in vielen Quellen das gauze Mittelalter hindurch? Weshalb schliesslich verlief die Entwicklung im siidgermanischen Recht und im nordgermanischen in umgekehrter Richtung? Eine Beantwortung dieser Fragen erforderl in erster Linie eine neue Untersuchuiig des hochmittelalterlichen siidgermanischen Quellenmaterials. Siche untcn S. 184, 201 und 207 ft'. Siehe obcn S. 35 Fn. 54.
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