RB 26

80 Priester solle an drei auf einander folgenden Sonntagen den Sunder — jedoch ohne seinen Namen zu nennen — an der Kirchentur stehend ermahnen, ihn aufzusuchen und seine Verfehlungen gegeniiber Gott wiedergutzumachen. Melde sich der Sunder daraufhin nicht, solle der Priester ihn in seinem Hause aufsuchen und um Wiedergutmachung bitten. Fiihre dieser Besuch zu keinem positiven Ergebnis, solle der Priester den Sunder erneut und diesmal zusammen mit den Kirchenältesten aufsuchen und wiederum zur Wiedergutmachung auffordern. Leugne der Beschuldigte die Anklage, solle er vor Priester und Kirchenältesten einen Reinigungseid ablegen. Verweigere er den Eid und biete er statt dessen Wiedergutmachung an, solle er KirchenbuBe tun und keine BuBgelder zahlen. Verweigere er aber auch die Wiedergutmachung, solle man einen Femt anberaumen und seinen Namen bekanntmachen. Darauf solle ein öffentliches Gerichtsverfahren folgen, in dem der Angeklagte sich durch Reinigungseid verteidigen können solle. Geschehe das nicht, solle er fasten und BuBe zahlen. Diese Pflicht des Priesters, ein böses Geriicht sofort auf seinen Wahrheitshintergrund zu untersuchen, entspricht offenbar ganz den kanonisch-rechtlichen Bestimmungen imLiber Extra, d. h. den Vorschriften Innozenz’ III. und der vierten Lateransynode iiber den InqusisitionsprozeB. Das vorhergehende Kapitel hatte ergeben, daB der kirchliche Richter bei publica jama oder denuntiatio iudicialis, d. h. bei wiederkehrenden oder gelegentlichen Anklagen, die Angelegenheit zu untersuchen und dem Betroffen Gelegenheit zu geben hatte, sich durch Eid freizuschwören.®” Ging es wie in der oben erwahnten Bestimmung des östgötalag um eine denuntiatio, sollte der kirchliche Richter nach kanonischem Recht und gemäB Matth. 18,15 ff. in erster Linie zur denuntiatio evangelica mit nachfolgender correctio charitativa greifen.®^ Das wird auch im Östgötalag vorgeschrieben, das in jeder Beziehung dem Evangelium folgt. Erst war der bezeichnete Sunder von einem Bruder, dem Priester, aufzusuchen, danach von mehreren Briidern, nämlich dem Priester und den Kirchenältesten, und schlieBlich war er der Gemeinde bekanntzugeben. Wollte der Sunder seine Tat vor Gott wiedergutmachen, d. h. seine Siinde bekennen und sich bessern, und entschloB er sich dazu schon beim ersten oder zweiten Besuch, wurde die Sache nicht weitergefiihrt, der Sunder muBte aber seine KirchenbuBe tun.®- Im Mittelpunkt steht jedoch die Ermittlung der Wahrheit, das Siindenbekenntnis des siindigenden Gemeindemitgliedes; er muB vor Gott wiedergutmachen, raette sik uip gup, und sich bessern. DgL, Kk 21. Siehe oben S. 23 in Kapitel 1. —X5, 1, 19 et 21 et 24; X5, 34, 10 et 12. X 5, 1, 24 (Vierte Lateransynode); X 5, 3, 31 (Innocentius III). Uber die praktische Anwendung siehe u. a. DS 3107, 3792. VgL. hiermit SdmL, Kk 10:2.

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