79 nisses ergeben. In ihr geht es um den Fall, daB jemand eine Hauptsunde begången hat, auf die öffentliche Kirchenstrafe folgen muB. Fiir diesen Fall gilt, daB der Täter innerhalb von dreiBig Tagen nach seiner Verurteilung oder seinem Geständnis den Hauptzehnten zu bezahlen hat.^^ Das Gesetz ergibt, daB es um eine allgemein bekannte Siinde gehen muB, also eine notorische Tat im Sinne des kanonischen Rechts, die gegen die Kirchenregeln gerichtet ist. Notorisch ist die Tat entweder wegen des Urteils oder aber wegen des Gestandnisses, dem voile Beweiskraft zugeschrieben wird. Wie sich aus dem vorigen Kapitel ergibt, entsprach es voll und ganz dem römisch-kanonischen Recht, daB eine Tat durch Urteil oder Geständnis notorisch wurde und daB ein Geständnis als voller Beweis gait. DaB es sich hier umeinen verhältnismäBig späten EinfluB des römisch-kanonischen Rechts handelt, wird auBer durch die Notoritätswirkungen von Urteil und Geständnis auch durch einen ausdriicklichen Hinweis im Gesetzestext bestätigt.^® Beachtenswert ist auch die religiöse Formulierung und Bedeutung dieser Stelle. Die begangene Tat wird als Siinde bezeichnet, weil es sich um ein Verbrechen gegen das Gesetz Gottes und der Kirche handelt. In dieser Vorschrift geht es also um ein Bekenntnis im Rahmen der BuBe und Beichte.^" Oben ist erwähnt worden, daB das östgötalag in bestimmten Abschnitten Starke Einfliisse des römisch-kanonischen Rechts aufweist. Dariiberhinaus kann man feststellen, daB der GeschworenenprozeB mit inquisitorischem Verfahren das kirchliche Gerichtswesen völlig dominiert und daB der Kirchenrechtsteil in Sachen auBerhalb der BuBe und Beichte den Vorschriften des kanonischen Rechts iiber den InquisitionsprozeB in alien Stucken folgt. Z. B. wird vorgeschrieben, jedermann solle sofort den Gemeindepriester unterrichten, wenn er einen anderen sehe, der durch lasterhaftes Leben gegen das Gesetz Gottes und der Kirche verstoBe. Der VgL, II, Kk 72 pr. Zur Hauptsunde siehe auch VgL, I, Kk 4 und VgL, II, Kk 6 sowie B. I. Kilström, Den kateketiska undervisningen i Sverige under medeltiden, 1958, S. 35 ff., 112 f., 193 ff. Siehe hierzu VgL, IV, 21:99, inhaltlich iibereinstimmend mit Kk 72, aber mit folgender Einleitung: De decima capitali de communi consensu Episcopi cleri legiferi et laycorum taliter est statutum. quod ... — Holmbäck—Wessén, SLL, VgL, II, Kk 72 mit Noten. Ein in gewisser Hinsicht interessanter Parallelfall zu dieser Bestimmung ist in Lydekini Exzerpten enthalten. Dort heiBt es, gesetzliche BuBzahlungen und öffentliche KirchenbuBe solle denjenigen treffen, der öffentlich einer Tat iiberfiihrt wird, fur die dem Bischof BuBe zusteht, d. h. die ganz oder teilweise der Gerichtsbarkeit der Kirche untersteht, und die er vorher heimlich mit demBevollmächtigten des Bischofs zu erledigen versucht hat (VgL 111:96. Siehe auch VgL IV 21:29). Hier findet man ebenfalls das Prinzip des römischkanonischen Rechts, daB eine Straftat offenkundig, notorisch, wird, wenn ein Urteil ergeht. ögL, Kk 13.
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