44 fiihrt waren, mit Hilfe der Folter ein Geständnis erzwinge, um ihnen die Appellationsmöglichkeit zu nehmen.^^ An anderer Stelle sagt er allerdings, daB demjenigen, der aus Furcht vor der Folter gestanden habe, ein Recht auf Appellation zustehe.^^ Die Entwicklung des Instituts der confessio im kirchlichen Beicht- und BuBwesen und auch im romisch-kanonischen ProzeBrecht machte es den Richtern der kirchlichen Inquisitionsgerichte zur zentralen Aufgabe, zum einen der Wahrheit nachzuspuren und sie ans Tageslicht zu bringen und zum anderen um jeden Preis ein Geständnis der Tatsachen und ein Bekenntnis der Siinden zu erzwingen — letzteres um den Schuldigen mit guten Griinden und gutem Gewissen verurteilen zu können und auch um als Seelsorger durch das Siindenbekenntnis Reue hervorzurufen, die ihrerseits die Absolution und die Rettung des Seelenheils möglich machte.^'^ Baldus, Consilia, III, 360, 3. — Gloss, ord. ad C. 7, 65, 2 s.v. conuictus: Connietus et sponte confessus non appellat. Coniuctus non confessus: aut confessus quidem, sed vi tormentorum appellat. —Gloss, ord. ad C. 7, 65, 2 s.v. confessus: Confessus appellat. — Levy, La hierarchie, S. 57 f. Erstaunlicherweise bestellte man innerhalb der Kirche 1483 in Spanien einen Generalinquisitor, der auch zu einer Appellationsinstanz im Verhältnis zu den iibrigen Inquisitionsgerichten in Spanien wurde. Vorher bestand fiir Inquisitionsgerichte keine Appellationsinstanz. P. Hinschius: Das Kirchenrecht der Katholiken und Protestanten in Deutschland, VI, 1897, S. 351 ff. In diesem Zusammenhang sind Thomas von Aquinos Gedanken zum Bckennen nicht begangener Siinden interessant (Summa theologica. III, Suppl. q 6 a 4). Thomas unterstreicht, man solle bekennen, was man getan zu haben meine, aber nichts anderes, denn sonst mache man sich der Liige schuldig. Glaube jedoch ein Mensch eine Sunde begången zu haben, bekenne sie und tue BuCe, sei das keine Liige und Siinde, denn der Mensch sage nur, was er in seinem Herzen fiihle. Baldus, Lectura ad C 7, 65, 2. Z. B. Pillius, Summa, II, 11: In summa notandum est, quod confessus in iure iudici terreno hahetur pro condemnato, quoniam ista talis confessio inducit condemnationem; secus si confiteatur quis Deo, id est sacerdoti per Deum, quoinam hoc inducit absolutionem. —Siehe weiter Durantis, Spec, iur.. Ill, De inquisitione, 4; Hostiensis, Summa aurea, V, De accusationibus, denunciationibus, et inquisitionibus. Rubrica; Diet. Grat. p. D 25, c 3; Summa Paucapaleae, C 2; Summa Stephani, C 2. Ober die engen Verbindungen zwischen Siinde und Verbrechen sowie iiber den mittelalterlichen Schuldbegriff siehe S. Kuttner, Kanonistische Schuldlehre von Gratian bis auf die Dekretalen Gregors IX., S. 1—84. Aus Kuttners Untersuchung ergibt sich, daB Abaelard als erster und einziger Theologe des Hochmittelalters zwischen Siinde und Verbrechen unterschied, d. h. dem, was vor das himmlische Forum, und deni, was vor das Forum der Kirche auf Erden gehörte. Nach Auffasung der Kirche sind alle Menschen vor Gott Sunder, aber nicht alle Siinden können nach Abaelard als Verbrechen auf Erden betrachtet werden. Deshalb unterscheidet er die Todsunden, peccata damnabilia oder gravia, einerseits und die verbrecherischen Siinden, peccata criminalia, andererseits. Die letzteren werden dadurch gekennzeichnet, daB sie nicht nur schuldig vor Gott machen, sondern auch die Menschen ehrlos, infarnis, und zu Verbrechern, criminosus, machen, wenn sie vor Gericht gebracht und verurteilt werden. Sie sind weiter dadurch charakterisiert.
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