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39 Recht —im Gegensatz zum klassischen romischen Recht —eine confessio durch Vertreter abgelegt werden.® Fiir die Klarstellung der prozeBrechtlichen Funktion des Geständnisses ist weiter die hoch- und spätmittelalterliche Auffassung des Beweiswertes von notorischen Umständen von Bedeutung. Mit scholastischem Interesse an systematisierender und dialektischer Bearbeitung des vorhandenen Stoffes widmeten sich die mittelalterlichen Rechtsgelehrten vor allem im 13. und 14. Jahrhundert einer Gliederung der verschiedenen denkbaren Beweismittel.^ Hier sind vor allemTancredus, Albertus de Gandina, Cynus, Bartolus und Baldus zu erwähnten. Die Systematisierung der Beweismittel bestand in einer Einteilung in logische Kategorien. Der Beweis, probatio, wurde als ein genus aufgefaBt, das man in mehrere species, d. h. verschiedene Beweismittel einteilen konnte, die ihrerseits wiederum in Untergruppen gegliedert werden konnten. Diese species, Beweismittel, wurden von einer höchsten, d. h. der schwerstwiegenden, bis zur niedrigsten, der am leichtesten wiegenden gegliedert. Parallel zu dieser abgestuften Skala von Beweismitteln schuf man eine Ordnung der prozessualen Behandlung.® Die schwersten Straftaten verlangten eine probatio plenissima, indubitata, luce meridiana clarior^ während gewöhnliche Zivilsachen auf grund von probatio plena entschieden werden konnten. In weniger wichtigen Sachen konnte im iibrigen die probatio semiplena ausreichen. SchlieBlich konnte man sich mit dem Eid des Beklagten zufriedengeben, wenn man eine Sache schnell entscheiden wollte und keine Gefahr der Schädigung einer Person bestand. In Zivilsachen, die probatio plena verlangten, konnte man sich auf zwei probationes semiplenae oder eine probatio semiplena in Verbindung mit einemergänzenden Eid begniigen. Uber die verschiedenen Beweismittel, die species probationum, bestand keine vollständige Einigkeit unter den Rechtsgelehrten des Mittelalters. Bernhard von Pavia nennt beispielsweise rei evidentia, jama, praesumptio, iuramentum, testes, instrumenta; diese Beweismittel findet man später bei vielen Glossatoren.^*^ Bei Flostiensis findet man den folgenden Vers, der nicht weniger als neun verschiedene Beweismittel aufzählt: ® Ulpianus in D. 42, 2, 6, 4: Sed an et ipsos procuratores vel tutores vel curatores fateri sufficiat, videamus: et non puto sufficere. X 2, 28, 62 (Honorius III); X 3, 39, 20 (Innocentius III); VI° 5, 12, cc 68, 72 de R. I. (Bonifacius VIII); Potest quis per alium, qtiod potest facere per se ipsum. — Q«i facit per alium, est perinde, ac si faciat per se ipsum. —Carlquist, Studier, S. 174; Gross, Die Beweistheorie, I, S. 77. ^ Levy, La hiérarchcie, S. 22 ff.; Lévy, Le probléme, S. 148 ff.; Gilissen, La preuve. S. 767. ® Lévy, La hierarchie, S. 31; Lévy, Le probleme, S. 148 ff. » Vgl. C. 4, 19, 25. Bernhardus Papiensis, Summa decretalium, II, 12, 4; — Lévy, La hierarchie, S. 25.

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