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33 Forderung, daB das Geständnis den Streitgegenstand betreffen miisse und dem Recht als solchem nicht widersprechen diirfe.®® Zusammenfassend kann man in der damaligen Entwicklung des Begriffs notoriumbei den genannten Rechtsgelehrten einen bisher nicht beachteten, aber unzweifelhaft sehr bemerkenswerten Gedankensprung darin feststellen, daB man einerseits vomnotoriumals einer Tatsache sprach, die von jedermann zu beobachten war und deshalb einem ProzeB zu grunde liegen konnte, und andererseits auch die Straftat als notorisch bezeichnete, die vor Gericht gestanden wurde bzw. wegen der das Gericht eine Verurteilung ausgesprochen hatte. Im ersten Fall waren notorium und Tatbestandsvoraussetzung identisch, im zweiten wurde notoriumauBerdemmit der Rechtsfolge gleichgestellt. Zu beachten ist allerdings, daB man imrömischen Recht gewisse Anhaltspunkte fiir die Ansicht fand, daB gerichtlich abgeurteilte Straftaten und vor Gericht gestandene Taten notorisch waren und keines weiteren Beweises bedurften.**® Diese Erweiterung des Begriffs notorium auf vor Gericht gestandene Tatsachen ist fiir das Institut des Gestandnisses auBerst interessant und wichtig. Mann kann nämlich feststellen, daB das Geständnis vor Gericht, die confessio in iure, während des 13. und 14. Jahrhunderts eine bedeutende, wenn nicht sogar die zentrale Rolle in den Erörterungen des Begriffs notorium spielte; die Lehre des 16. Jahrhunderts bezeichnet das Geständnis sogar als das beste Beweismittel, probatio prohatissimaJ^ Weiter muB man die Unterschiede hinsichtlich Funktion und Wirkung bei der confessio in iure in Straf- und Statussachen einerseits und in dispositiven Zivilsachen andererseits beachten.^^ Gegen Johannes Teutonicus’ Bemerkung, in Strafsachen sei die confessio des Angeklagten nicht ausreichend,^^ kann man auf die Ansichten von Azo und Tancredus verweisen, daB eine einmal abgegebene confessio in iure sowol in Straf- als auch in Zivilsachen zur Verurteilung des Gestehenden ausreiche.'^ Auch die glossa Tancredus, Ordo iudiciarius. III, 4, 2. D. 42, 1, 56: Post rem iudicatam vel iureiurando decisam vel confessionem in iure jactam nihil quaeritur post orationem divi Marci, quia in iure confessi pro iudicatis bahentur. Levy, La hierarchic, S. 54. J. Gilissen, La preuve en Europe du XVIe au début du XIXe siecle, 1965, s. 784. AuCer dem oben erwahnten Ausspruch von Johannes Teutonicus in gloss, ord. ad C 2, q 6, c 41 s.v. et hoc in notarijs, waren die Bemerkungen dazu im Ordo iudiciarius scientiam, XXVII, zu beachten, wo es u. a. heiBt: Haec, quae diximus de confessis, locum habent in causa civili. In causa criminali secus est, in qua confessiones reorum pro exploratis criminibus non habentur, ut . . . —Idemest in causa status . . . Siehe hierzu auch C. 7. 65, 2. Tancredus, Ordo iudiciarius. III, 4, 3: Sed dominus Azo dicit, et credo bene, quod confessio semel sponte facta in iure super criminibus praeiudicat confitenti, ut Dig. de custod. et exhib. reor. 48, 3, 1, si confessus, 5; et decretales hoc expressius dicunt X, 3, de 3 - Inger G8 69

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