24 tum calumniae —schwedisch vrångoed —, ablegen. Durch diesen Eid bezeugten sie, daB sie den ProzeB nicht aus Bosheit, List oder gegen ihr Gewissen betrieben. Zu Beginn des Prozesses hatte der Beklagte auBerdem zu spezifizieren, was er bestritt oder anerkannte, sowie eventuelle Einwendungen vorzubringen. Auf diese Einwendungen konnte der Kläger replizieren. Der Replik des Klägers konnte eine Duplik des Beklagten und dieser wiederum eine Triplik des Klägers folgen. In Anlehnung an die römischrechtlichen interrogationes und responsiones in iure hatte der Kläger seinen Vortrag in Einzelpunkte, positiones, aufzuteilen, die der Beklagte eindeutig bejahend oder verneinend zu beantworten hatte: scio, non scio, credo, non credo. Dieses Positionenverfahren fiihrte dazu, daB im kanonischen Recht das geteilte und das qualifizierte Geständnis unbekannt blieben.^^ —Nach dieser einleitenden Phase konnten die Hauptverhandlungen und die Beweiserhebung beginnen. Hierbei hatte zuerst der Kläger dem Richter seine Beweise vorzubringen. Der Richter teilte sie dem Beklagten mit, der dann seinerseit innerhalb einer bestimmten Frist seinen Beweis zu fiihren hatte. Das Beweisverfahren wurde auf diese Weise fortgesetzt, bis beide Parteien ihre Beweise erschöpft hatten und der ProzeB entscheidungsreif war. Gewöhnlich konnten die Parteien gegen die Entscheidung an ein höheres Gericht appellieren. Seit der Zeit Alexanders III. kamen auch summarische Zivilprozesse vor, u. a. imZusammenhang mit Ehesachen und Streitigkeiten betreffend kirchliche Amter, Zehnte und die Abgrenzung der Jurisdiktion der weltlichen Priesterschaft von der der Ordenspriester. Man versuchte insoweit den ProzeB durch ein vereinfachtes Verfahren zu beschleunigen. In erster Linie galten Bemiihungen um gesteigerte Effektivität aber dem AkkusationsprozeB; sie hingen zusammen mit den Anstrengungen der kirchlichen Reformbewegung und des Papsttumes um MiBstände, die in gewissen Bereichen der Kirche herrschten. Diesen AkkusationsprozeB meint Gratian, wenn er von einemsummarischeren Verfahren bei manifesten Straftaten spricht. Nach diesem Uberblick iiber die damals aktuellen ProzeBformen wollen wir unsere Untersuchung des Begriffs notoriumfortsetzen, um den sich die Diskussionen der Rechtsgelehrten während der hochmittelalterlichen ProzeBreformen drehte. Den Ausgangspunkt fiir die Entwickklung des Begriffes notoriumbildete das Urteil des Apostels Paulus in 1. Kor. 5,1—5 iiber ein Mitglied der christschnelle Abhilfe der E. Carlquist, Studier i den äldre svenska bevisrättens utveckling med särskild hänsyn till institutet erkännande, 1918, S. 175; C. Gross, Die Beweistheorie im canonischen Process, I, 1867, S. 90. Spätere Kommentatoren meinten, das Positionenverfahren stehe einem qualifizierten Geständnis nicht entgegen, entwickelten aber fiir diesen Fall keine Regeln.
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