232 Der schwedische ProzeB begniigte sich nicht mit der zwangsweisen Herbeifiihrung von Geständnissen, sondern man versuchte auch, den Angeklagten durch Versprechungen von Strafmilderung und durch geistlichen Zuspruch zu einem Geständnis zu bewegen. Die Quellen zeigen, daB die schon imrömisch-kanonischen Recht formulierte Forderung, das Geständnis miisse, um beachtlich zu sein, dem Gestehenden nachteilig sem, auch im schwedischen Recht aufgestellt wird. Es hat sich weiter ergeben, daB fiir das 16. Jahrhundert die Riicknahme und Änderung eines Geständnisses, die Appellation gegen ein auf Grund eines Geständnisses erlassenes Urteil, Stellvertretung vor Gericht und die Prozejifähigkeit verschiedener Personengruppen nach den gleichen Regeln beurteilt werden wie imschwedischen Spätmittelalter. Interessant sind Belege dafiir, daB man gelegentlich Gefangene im Gefängnis zuriickhielt, um sie zu Geständnissen zu veranlassen, und daB man hin und wieder aber auch Angeklagte aus Mangel an ausreichenden Beweisen freilieB, sie aber in solchen Fällen dem Urteil Gottes uberantwortete, ein Verfahren, das späterer Praxis vorgreift. SchlieBlich hat die Untersuchung ergeben, daB dem Geständnis wegen der religiösen Lebensaujfassung, die diese Zeit und das ganze Leben in Schweden prägte, unverändert auBerordentliche Bedeutung fiir die Seeligkeit zugemessen wurde. In diesem Zusammenhang haben wir auch die Veränderung der Einstellung zur Beichte und BuBe dargestellt, die sich aus dem Ubergang von Katholizismus zum lutherischen Glauben ergab. Wir meinen annehmen zu diirfen, daB Olaus Petris und Georg Normans vorsichtig negative Einstellung zur Privatbeichte kaum die Entwicklung des Geständnisses beeinfluBt hat. Andererseits muB sich die hohe Bewertung des Geständnisses als Beweismittel gegen Ende des 16. Jahrhunderts mit Unterstiitzung der Kirche entwickelt haben. Während der Reformation wurde auch zum ersten Mal ein Kapitel iiber Fragen der Seelsorge bei zum Tode Verurteilten in das Kirchenhandbuch aufgenommen. Ähnlichkeiten zwischen schwedischem ProzeBrecht und ausländischen Rechtsregeln jener Zeit haben wie wiederholt aufgezeigt. Trotz der festzustellenden offenbaren Einfliisse ausländischer Rechte bleibt aber die Feststellung, daB gesetzliche Beweisregeln nicht voll in Schweden iibernommen worden sind, wenn auch viele Zeichen vorhanden sind, daB sie im Rechtsdenken und in der Rechtsprechung Schwedens im Vordringen begriffen waren. Ihre volle Obernahme geschieht erst später.^® Anzeichen fiir zunehmenden EinfluB der gesetzlichen Beweisregeln auf die schwedische Rechtsprechung und das schwedische Rechtsdenken finden wir beispielsweise in bestimmten Ausdriicken der Richterregeln, die Olaus Petri zuSiehe hierzu auch G. Schmidt, Die Richterregeln, S. 248 ff.
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