227 G. Theokratische Weltanschauung—ChristUche Lebensauffassung —Kirchliche Seelsorge Zu Beginn dieses Kapitels haben wir die Frage gestelit, in welcher Hinsicht der Ubergang vomKatholizismus zum Luthertum im 16. Jahrhundert und die Veränderungen des Verständnisses der Beichte und BuBe fiir die schwedische Bewertung des Geständnisses als Beweismittel und damit die rechtliche Entwicklung des Geständnis-Instituts bedeutsam geworden sind. Wir hatten die Entwicklung der Beichte vom Beginn der Reformation bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts geschildert und waren zu der Ansicht gekommen, man könne zwar feststeilen, daB die ersten Reformatoren die Privatbeichte nicht besonders schätzten. Dennoch war aber kaum wahrscheinlich, daB dieser Umstand die Entwicklung des Geständnisses beeinfluBt hatte. Wir haben andere Faktoren gefunden, die mit Sicherheit zum hohen Ansehen des Geständnisses als Beweismittel beitrugen, nämlich zum einen die theokratische Weltanschauung, zum zweiten der EinfluB des deutschrömischen Rechts und zumdritten das mittelalterliche Rechtserbe. Diese These wird von einer Untersuchung der erhaltenen Quellen zur Rechtsprechung des 16. Jahrhunderts bestätigt. Ein Beweis, daB das Geständnis um die Mitte des 16. Jahrhunderts als Beweismittel weniger geschätzt war als vorher, ist kaum zu fiihren. Ganz im Gegenteil kann man erkennen, daB es in der allgemeinen Wertschätzung ständig steigt. Das diirfte mit dem zunehmenden EinfluB des deutsch-römischen Rechts zusammenhängen. Man kann jedoch feststellen, daB dieser gesteigerte EinfluB des deutsch-römischen Rechts bei der Entwicklung des Geständnisses naheliegenderweise in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts seitens der Kirche unterstutzt worden sein muB, als die Privatbeichte sich wiederumsteigender Beliebtheit erfreute und so gut wie obligatorisch wurde. Völlig natiirlich erscheint deshalb, daB Belege fiir die zwangsweise Erpressung von Geständnissen in der zweiten Fiälfte gerade wegen des zunehmenden ausländischen Einflusses und der Unterstiitzung der Kirche zahlreicher werden. Ein direkter Zusammenhang zwischen Beichte und BuBe einerseits und der Entwicklung des Geständnisses andererseits ist fiir das 16. Jahrhundert deshalb kaum nachweisbar, wenn man auch ahnen kann, daB solche Zusammenhänge bestanden haben. Die gerichtlichen Quellen aus dem16. Jahrhundert zeigen aber deutlich, daB die religiöse, christliche Lebensauffassung das Weltbild der Menschen stark beeinfluBt hat. Wir finden in den Quellen eine christliche Einheitskultur. Hiervon zeugen nicht nur die vielen Hinweise von Richtern und anderen Vertretern der Obrigkeit auf Gottes Gesetzt und den Wortlaut der Bibel, sondern auch Bemerkungen einzelner Menschen vor Gericht. Ein Beispiel fiir einen Hinweis auf Gottes Gesetz, das Wort der Bibel und die kirchliche Ordnung enthalten die Anweisungen
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