RB 26

190 ImKommentar zumStadtrecht will der vermutliche Verfasser Olaus Petri jedoch eher Folterung eines Unschuldigen akzeptieren als einen falschen Eid: Och är bättre at en oskylligh warder pinat än at en skulle swäria en falsk eedh. Man kann sich die Frage stellen, ob diese vorsichtigen Stellungnahmen zu Gunsten der Erzwingung von Geständnissen eine Bestätigung eines schon vorher in der Rechtsprechung akzeptierten Gedankens darstellt oder ob hier ein Neudenken zumAusdruck kommt, das einen Durchbruch römischkanonischen und deutsch-römischen Rechts im schwedischen ProzeBrecht erkennen läBt — oder beides zusammen zutrifft, also Rechtsprechung bestätigt wird und erneute starke Direkteinflusse des römisch-kanonischen und vor allemdeutsch-römischen Rechts wirksam werden. Die Beantwortung dieser Frage und die rechtsgeschichtliche Einordnung dieser ältesten juristischen Literatur Schwedens verlangt einen Vergleich mit älteren und zeitgenössischen Gesetzen, Verordnungen und Gerichtsentscheidungen. Schon ergeben hatte sich, daB man seit den letzten Jahrhunderten des Mittelalters bis zur Enstehung der juristischen Literatur um die Mitte des 16. Jahrhunderts die Entwicklung zu einem ProzeB erkennen kann, der dem römisch-kanonischen InquisitionsprozeB immer ähnlicher wird und das Geständnis zunehmend in den Mittelpunkt stellt. Insoweit kann man sagen, daB sich die schwedische Literatur des 16. Jahrhunderts als eine natiirliche Fortsetzung einer langen Entwicklung darstellt. Man findet aber auch Neuigkeiten im Verhältnis zu friiheren und zeitgenössischen Gesetzen und Verordnungen, nämlich eine zunehmend stärkere Hervorhebung des inquisitorischen Verfahrens, eine Zuriickdrängung des Eideshelferprozesses und die Akzeptierung von Zwangsmitteln zur Erpressung von Geständnissen. Wie verhält sich nun die Literatur zu älterer und zeitgenössischer Rechtsprechung? Ich habe schon gezeigt, daB sich im Spätmittelalter der inquisitorische ProzeB und die Erzwingung von Geständnissen zunehmend verbreiteten. Fiir das 16. Jahrhundert habe ich das veröffentlichte Getrichtsmaterial und ungedruckte Gerichtsbiicher aus Dalarna, Västmanland, Västergötland und Östergötland herangezogen. Diese Quellen diirften ein recht gutes Bild der Verhältnisse verniitteln. Eine klare und deutliche Antwort gibt der Verfasser der Richterregeln selbst imZusammenhang mit der Erklärung, Folterung medh jungfrw eller annor plågha diirfe nur stattfinden in högmäles ärende för dråpligh saak skuld. Er fährt nämlich fort: Och therföre göra monge fogdar orett, som så obeskedeligha twinga them the gripa til bekennelse. Ähuadh hon är rett eller orett, tå låta the gå straffet ther effter antingen til liff eller til peninga och fata ther på, at han stodh til sina gerningar, än tå at han thet sedan 36 OPSS, 4, S. 336, R 25.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=