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177 wenn das Gericht sein Urteil der Obrigkeit zu eventueller Begnadigung vorlegte. Unter den iibrigen Beweismitteln wiegen eigene Beobachtungen des Gerichts und Zeugenaussagen besonders schwer. Eigene Beobachtungen konnten vollen Beweis erbringen; einschlagige Fälle findet man z. B., wenn entstandene Schäden oder Verletzungen in Augenschein genommen werden oder wenn es umEreignisse geht, die sich vor dem Gericht selbst abgespielt haben.®® Eine Besichtigung von Schäden oder Verletzungen konnte aber auch als starkes Indiz gewertet werden.®^ Augenzeugenbeweis hatte ebenfalls erhebliche Bedeutung und erbrachte vollen Beweis, wenn die Zahl der Zeugen und ihre Qualifikationen mit den Vorschriften der Rechte iiberMangels anderer Beweismittel erbrachte auch der Parteieid 88 emstimmten. Ein besonders gutes fiir die Erbringung vollwertigen Beweises durch die Gerichtsmitglieder selbst enthalt ein Häradstingsprotokoll vom 6. November 1576 fiir Bälinge härad: Sakfeltes Anders Ersson i Wesby för Edzöret för thet han slogh een kona Birgitta på munnen för en sittiande rätt och lyste tingh. (N. Edling, Uppländska häradsrättsdomböcker från 1500-talet, S. 74). — Ein Beispiel einer Leichenschau auf Anordnung des Biirgermeisters enthält STB från 1592, I, S. 205 (10. April 1594). Z. B. Vadstena stads tänkebok, S. 439 f. (22. Juni 1604); Uppländska häradsdomböcker, S. 189:7 (22. Februar 1599), S. 227: 15 (3. Oktober 1599), S. 78:5 (30. Januar 1577), S. 17: 3 (13. Juni 1547), S. 19:9 (22. Oktober 1547). Z. B. STB från 1592, I, S. 159 (17. September 1593). In Vånga härads dombok, VLA, Östergötlands gemensamma domböcker, vol 1, 26. April (ohne Jahresangabe, 1586?) findet man ein besonders deutliches Beispiel fiir die Rezeption von festen Beweisregeln iiber vollwertigen Beweis durch zwei Zeugen bei Bestreiten des Angeklagten an mittelschwedischen Häradsgerichten gegen Ende des 16. Jahrhunderts; in einem Strafsachenprotokoll wird dort gesagt: . . . och effter inge fulle betvisning war, vthe {?) alenst att Bhommes (?) fougte tiänere sade sig haffue sett, och ssåledes icke mere ähn ett wetne dömdes han fri) med möndre naden bewösning finnes Ty effter ett wetne kunne man icke dömme. — Man findet auch Beispiele fiir Verurteilungen von Angeklagten gegen ihr Bestreiten und auf Grund der Aussagen von zwei oder mehr Zeugen; Siende härads i Västmanland dombok, ULA, A 1:1, 4. Mai 1603 (zwei Frauen werden wegen Diebstahls auf Grund von Zeugenaussagen eines Mannes und einer Frau verurteilt). Die Urteilsbiicher lassen jedoch erkennen, daB zwei iibereinstimmende Aussagen von unvoreingenommenen Zeugen nicht immer gefordert wurden. Im selben Urteilsbuch fiir Siende häradsrätt wird iiber die Verurteilung eines Mannes wegen Diebstahl berichtet, die gegen sein Bestreiten auf Grund der Zeugenaussage seiner Ehefrau erging. Sie gestand gleichzeitig, daB sie selbst zusammen mit einer später verstorbenen Tochter am Diebstahl des Geldes und der Sachen beteiligt gewesen war, wegen dessen der Mann angeklagt worden war (4. Januar 1604). Das Gericht hielt die Aussage der Frau, die ja zugleich ein Geständnis einer eigenen Straftat enthielt, fiir so bedeutsam, daB sie als Grundlage eines Todesurteiles ausreichte. — Ein weiteres interessantes Strafsachenprotokoll enthält das Urteilsbuch von Kinds häradsrätt in Västergötland, GLA, A 1:1, vom 16. Oktober 1609. Ein verheirateter Bauer stand unter der Anklage der Unzucht mit einer Magd und der Vaterschaft fiir ein Kind, von dem angenommen wurde, daB es von der Magd geboren und dann getötet worden war. Der Bauer wurde auch beschuldigt, bei der Kindestötung mit Rat und Tat beigestanden zu haben. Die Magd war einige Tage nach der vermuteten 12 - Inger 86 88

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