RB 26

153 Die Beichte war nach Luther eines der wichtigsten Mittel gegen Anfechtung. Deshalb achtete er sie so hoch. Nach den Sakramenten gab es nichts teureres als die Beichte. Vor allem die persönliche Ansprache machte die Beichte wertvoll. Aus ihr gewann der Beichtende das Verständnis, daB das Wort der Vergebung gerade ihn betraf. In der Beichte fand der Gläubige Gottes Wort unmittelbar und persönlich. Die Vergebung war unverzichtbar fiir den Christen, damit sein Glaube weiterleben und stark sein konnte, und das Bekenntnis war fiir ihn notwendig, damit er die Vergebung entgegennehmen konnte. Im Zentrum der Beichte stand nach Luther das sich aus Glaube und Reue ergebende Bekenntnis und die im Glauben empfangene Vergebung. Nach Luther hatte Gott die Macht der Schliissel, d. h. die Macht von Siinde zu lösen oder an Siinde zu binden, der ganzen Kirche verliehen, nicht nur dem Papst und den Priestern. Die Macht der Schliissel stellte keine priesterliche Prärogative dar. Das bedeutete, daB imPrinzip jeder Gläubige zur Abnahme der Beichte und Erteilung der Lossprechung berechtigt war. Zugleich hob Luther jedoch hervor, daB alles in der Kirche nach der von Gott befohlenen Ordnung geschehen miisse. Nach dieser Ordnung war es Aufgabe der Priesterschaft, Beichtvater zu sein — wie es ihre Aufgabe war zu predigen, zu taufen und das Abendmahl auszuteilen. Der Priester nahm aber keine Aufgaben eines Richters wahr, wenn er die Beichte abnahm. Er war nur Diener Gottes, der im Auftrage Gottes dem im wahren Glauben seine Siinden Bekennenden die Lossprechung zu erteilen hatte. Luthers Lehre zur Beichte und BuBe stellte kein von Anbeginn fertiges System dar, sondern sie entwickelte sich schrittweise während des Streites mit den Fiihrern der katholischen Kirche. Sie enthielt, wie sich ergeben haben diirfte, eine im Verhaltnis zur Auffassung der mittelalterlichen Kirche neue religiöse Schau der Beichte und BuBe. Man kann jedoch nicht sagen, daB die lutherische Auffassung der Beichte ihre Bedeutung fiir das Leben des Christen verringerte —trotz Luthers Hervorhebung ihrer Freiwilligkeit. Denn gleichzeitig unterstrich Luther ja das dauernde Bediirfnis des gläubigen Menschen an Vergebung der Siinden und seine natiirliche Sehnsucht nach dieser Gnade Gottes. Die Bedeutung der Beichte wurde also von Luther besonders stark hervorgehoben. Zugleich gelangte damit das Geständnis, das Bekenntnis, mit der anschlieBenden Lossprechung in den Mittelpunkt. Daraus ergab sich, daB man kaum eine Veränderung der Bewertung des Gestandnisses als Beweismittel im kirchlichen und weltlichen ProzeBrecht unter dem EinfluB der lutherischen Lehren erwarten konnte. Eine solche Entwicklung blieb auch aus. Zu beachten ist aber, daB man in bestimmten Gegenden und Ländern — wie z. B. in Schweden — beim Obergang zum lutherischen

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