RB 24

69 die Sache am Oberlandgericht verhandelt wurde. Solche Spruche betrachteten die Stände natiirlich als ,,von den fl. rhäten zu vorfang des ordinarii processus praejudicirliche bescheide“.-^" Zwischen Oberlandgericht und erzbischöflicher Kanzlei war die Konkurrenzsituation erheblich deutlicher als zwischen den Gerichten vor der Einrichtung des Oberlandgerichtes. Die Zusammensetzung des Oberlandgerichtes entsprach im Prinzip der des Hofgerichtes. Den Vorsitz fiihrte —wie im Hofgericht — der Landdrost,-*'* der Kanzler oder ein erzbischöflicher Rat. Die Beisitzer waren Vertreter der Stände; allerdings war die Repräsentation der einzelnen Stände nicht ganz so starr festgelegt wie fiir das Hofgericht.-*'* Die Appellationen an das Oberlandgericht scheinen — soweit das belegt werden konnte — in erster Linie von den Amts- und Patrimonialgerichten im Stift gekommen zu sein.-*^ Appellationen von den ordentlichen Gerichten der Stiftsstädte sind nicht belegt.-*** Diese Einschränkung der Kompetenz des Gerichts hat naturlich ihren Grund in dem Gegensatz zwischen den selbständigen Städten und dem Erzbischof. Dieser Gegensatz erklärt auch, daB eine Vertretung der Stiftsstädte 1554 zunächst nicht vorgesehen war.-*" Unzweifelhaft hat das Oberlandgericht eine wichtige Rolle fiir die Ausbildung eines zeitgemäBen Prozesses im Erzstift gespielt. Das ergibt sich unter anderem aus dem Entwurf einer ProzeBordnung fur die Untergerichte, der in den siebziger Jahren ausgearbeitet wurde und 1580 fertig vorlag -**^ und durch den umfassendere schriftlich niedergelegte ProzeBnormen fiir die Gerichte eingefiihrt wurden.-*** Durch die Einrichtung des Oberlandgerichtes kam es weiter zu einer unmittelbaren Verbindung zum RKG. Etwa seit 1560 wandte man sich an dieses Gericht. Voraussetzung dafiir war Vertrautheit mit dem KameralprozeB. Die entsprechenden Kenntnisse hatten in erster Linie die rechtsgelehrten Räte der Kanzlei, die deshalb zum vermittelnden Glied zwischen dem RKG und den Parteien wurden. Diese Räte bahnten den Weg fur eine Rezeption von KameralprozeB und römischen Recht sowohl im Landgericht als auch in anderen Instanzen. Anm. hierzu in den Klagcn der Stände 1616 und 1633. Zu diesem Beamten Schleif: Regierung S. 144 und 190 ff. Die Pralaten waren nur indirekt durch jene Domherren vertrcten, die zugleich Pröpste eines Klosters waren. Die Stiftsstädte waren ebenfalls vertrcten, obwohl davon bci der Einrichtung des Gerichts 1554 nichts gesagt worden war. Weise: Geschichte S. 250 bezeichnet die Gerichte, von denen die Appellationen kamcn, als erzbischöfliche Landgerichte. Aber vom Botding zu Stade. —Hierzu unten S. 76. Schleif: Regicrung S. 121. Schleif: Regierung S. 49. Hierzu Kap. 3.2.2. S. 83. 219

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=