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57 Anders als der ZivilprozeB enthielt der StrafprozeB nicht nur Ziige des Miindlichkeitsprinzips sondern auch des öffentlichkeits- und Unmittelbarkeitsprinzips.^^' In der PHO waren auch bestimmte prozessuale Grundprinzipien, hauptsächlich zur Stärkung der Rechtssicherheit des Angeklagten, in einem abschlieBenden Kapitel enthalten.^^® Unter anderem sollte die Verteidigung des Angeklagten so ermöglicht werden, daB er „nicht iibereilet, unnd an seiner nodtwendigen Defension wider Natiirliche Rechte verkurtzet“. Das Gericht sollte einen guten und erfahrenen „Redner oder Procurator“ bestellen, der unter anderen Aufgaben dem Angeklagten mit den Einwendungen und den Beweisen zur Hand gehen sollte, die fur die Entscheidung der Sache relevant waren. Fehlten dem Angeklagten die Mittel zur Bezahlung eines solchen Beistandes, sollte das Gericht einen Prokurator ernennen, der „Besoldung aus dem Gemeinen“ erhalten sollte. Auch die Regeln iiber Folterung waren zum Schutz des Angeklagten spezifiziert.^^® Fiir dieses fiir den InquisitionsprozeB typische ProzeBinstitut waren verschiedene Formen geregelt, Das Gericht, „die Oberkeit“, sollte vor einem BeschluB iiber Folterung entscheiden, ob die vorgebrachten Beweise eine einfachere Form, das peinliche Verhör, fiir ausreichend erscheinen lieBen. Bestanden insoweit Zweifel, sollte die Sache einer juristischen Fakultät oder einem Schöppenstuhl zur Stellungnahme vorgelegt werden.^®® Entsprechend hatten die Untergerichte zu verfahren, wenn der Angeklagte zwar die Tat im Gefängnis unter der Marter zugegeben hatte, sie dann aber vor Gericht oder auch auBergerichtlich leugnete. Auch hier bestand die Möglichkeit des Verhörs unter der Folter.^®^ Als Beispiele spezieller Regeln der PHO seien Vorschriften iiber die Gewährung freien Geleites fiir Personen, die schwerer Straftaten beschuldigt wurden, genannt.^®- Diese Vorschriften hatten territorialen Charakter und waren nicht in der Reichsgesetzgebung verankert. Der VB von 1613 enthielt keine direkten Bestimmungen zum StrafprozeBkapitel der PHO. In anderen Abschnitten des VB — wie auch vorher in der PHO — wurden jedoch einzelne strafprozessuale Fragen geregelt wie beispielsweise die Stellung des Fiskals.^®^ Eine Bestimmung im Augsburger Abschied von 1530 (§ 95) verbot die Appellation in Strafprozessen von Territorialgerichten an das RKG. Innerhalb der Territorien Doch nur als leere Form bei der Endentscheidung in Gestalt des „Endlichen Rechtstages“. —Conrad: Rechtsgeschichte II S. 414. Unterricht wie in peinlichen Sachen zu procediern. PHO fol. 101 pag. 1 — fol. 103 pag. 2. Entsprechend in der CCC; Conrad: Rechtsgeschichte II S. 414. 160 PHOfol. 103 pag. 2. —Vgl. Kap. 8 unten. PHO fol. 108 pag. 2. 162 PHO fol. 106 pag. 2. Siehe unten Kap. 3.1.2.3. S. 59. 161

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