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43 Städten seine gerichtlichen Rechte an die Stadt, die ihrerseits fur diesen Vorteil ein jährliches Entgelt an den Herzog zahlteJ^ In den Städten, in denen der Herzog seine Gerichtsrechte ausubte, trug der Richter den Titel „Richtvogt“. In gewissen Städten bestanden sowohl ein Obergericht als auch ein Untergericht. In Greifswald war beispielsweise das Stadtgericht das Untergericht und Biirgermeister und Rat das Obergericht.^^ Auch in Stralsund bildete der Rat zugleich das Obergericht, an das man von den vier Untergerichten der Stadt appellierte."'^ Eine der Städte, in denen die herzoglichen Rechtsprechungsrechte Gegenstand besonderen Interesses von Seiten des Herzogs und auch der Stadt wurden, war die Residenzstadt Alten-Stettin. Die Stellung des Herzogs im Stadtgericht kann dort bis ins 13. Jahrhundert zuriickverfolgt werden. Das Stettiner Scabinat — scabinatus Sedinensis — entstand im Zusammenhang mit der Verleihung der Stadtprivilegien durch Barnim I. 1243,'^^ Der Landesherr behielt sich darin die richterliche Gewalt vor und setzte einen Vogt (advocatus) oder Schulzen (scultetus) ein, der als herzoglicher Untergebener das Gericht verwaltete. Die Gerichtskonstruktion war dem Magdeburger Gericht nachgebildet und bestand aus einem von der Stadt ernannten, gleichgeordneten Schöppenstuhl mit 11 Mitgliedern, die zusammen mit dem Schulzen ein Kollegium von 12 Richtern bildeten."' Das Gericht genoB bald hohes Ansehen und arbeitete — wie Oberhöfe beispielsweise in Liibeck und Magdeburg — nicht nur fiir die Städte in Pommern, sondern auch fiir Rechtsuchende auBerhalb des eigenen Territoriums. Der herzogliche Anteil der Stadtjurisdiktion in Stettin wurde schon 1245 der Familie Barfuss zum Lehen gegeben. Dem Inhaber wurden materielle Vorteile —unter anderem ein Drittel der Strafgelder des Gerichts — gewährt gegen die Verpflichtung, als Erbschulze die Gerichtsverwaltung zu besorgen."® Dieser Lehnstyp war im mittelalterlichen Deutschland hänfig,"^^ Die mittelalterliche Geschichte des Stettiner Stadtgerichts wurde von einem ständigen Machtkampf zwischen Herzog und Stadt um die Petsch: Verfassung S. 137. Solche Verträge wurden mit den Städten Pyritz, Schlawe, Belgard und Neustettin geschlossen. Pyl: Beiträge II S. 36. Pyl: Geschichte I S. 198 ff. Niedergericht, Kammer, Waisengericht, Konsistorium. Thiede: Chronik S. 95 ff. "* Balthasar: Abhandlung S. 68. Uber dieses Gericht siehe auch Thiede: Chronik S. 96. Thiede: Chronik S. 98. —Vgl. Friedeborn: Beschreibung I S. 42. Wyluda: Lehnrecht S. 49 und 51. Balthasar: Abhandlung S. 44.

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