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475 Die Jahre von 1630 bis 1657 fallen mit der letzten Zeit der herzoglichen Regierung und dem Beginn der schwedischen Herrschaft zusammen. Die schwedische Machtiibernahme fiihrte fiir die Fakultat zu Veränderungen in den Regeln fiir Berufungen von Fakultätslehrern. Das oben dargestellte Aktenversendungsmaterial zeigt eine neue Seite der Gerichtsarbeit in den schwedischen Provinzen sowohl im Anfangsstadium der schwedischen Herrschaft (1641—1648) als auch nach dem Westfälischen Frieden (1648—1657). Augenscheinlich haben die verschiedenen Gerichte organisch zusammengearbeitet —auch mit der Greifswalder Fakultät, die durch ihre unterstutzende Spruchtätigkeit voll in das pommersche Rechtsleben integriert war. Es muB jedoch hervorgehoben werden, daB die pommerschen Gerichte sich mit groBer Wahrscheinlichkeit auch an andere, auswartige Fakultäten — vor allem Frankfurt an der Oder, Rostock und Helmstedt —gewandt haben. Die Gerichte in anderen schwedischen Territorien —Wismar und Bremen-Verden —miissen ihre Akten ebenfalls meist an Fakultäten versandt haben, die ihnen örtlich näher lagen. Nach 1648 begann dann aber die Regierung in Bremen-Verden, sich an die Greifswalder Fakultät zu wenden. Darin diirfte natiirlich ein Gedanke der Homogenisierung der Verwaltung in den schwedischen Provinzen zum Ausdruck kommen; denn die Einrichtung des Tribunals in Wismar hatte die Gerichtsorganisationen in den schwedischen Territorien mit einer gemeinsamen Spitze versehen. Insoweit war es konsequent, auch im Bereich des Aktenversendungsverfahrens das einzige Kollegium auszunutzen, das in den zum Tribunal gehörenden Gebieten zur Verfiigung stand. Dem schwedischen Recht war die Aktenversendung an eine Fakultät unbekannt. Die schwedische Regierung und ihre Kommissare in Deutschland akzeptierten die Aktenversendung jedoch auf verschiedenen Ebenen gerichtlicher Tätigkeit. Ein Beispiel bilden die Verfahren, die das verbotene Appellationsverfahren bei RKGersetzen sollten: In Pommern sollte das consiliumstatus eine Revision nach Gutachtenerstattung einer Spruchfakultät durchfiihren, in Minden waren anhängige Sachen an drei Fakultäten zur Entscheidung zu iibersenden. Ein weiteres Beispiel findet man in der Kriegsgerichtsbarkeit, in der den schwedischen Kriegsgerichten in Deutschland gestattet wurde, in allgemeinen Strafsachen die Akten an eine Spruchfakultät zu iibersenden. Bei der Einrichtung des Tribunals in Wismar wurde ausdrucklich bestimmt, daB es als Gericht einen zu hohen Rang einnehme, um sich der Aktenversendung bedienen zu können. Hinter dieser Ansicht steht aller Wahrscheinlichkeit nach die Einstellung, daB das Tribunal dem RKG, das ebenfalls keine Akten versandte, gleichgeordnet sei. DaB man in der Tribunalordnung nicht Aktenversendungen generell verbot und das Tribunal

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