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441 Sachen betraf zivilrechtliche Fragen.^®^ Strafsachen bildeten eine zweite umfangreiche Gruppe; regelmäBig kamen auch prozeJBrechtliche Anfragen vor. Das zentrale Problem in vielen der Strafsachen war die Frage der Zulässigkeit der Folter. In derartigen Fällen —und auch in Zaubereisachen —war nach der CCC „rechtsverständiger Rat“ einzuholen.^®® In diesen Verfahren geschah es auch, daB wahrend des Prozesses mehrere Stellungnahmen beschafft wurden. Die Greifswalder Fakultät war — nicht zuletzt wegen ihrer örtlichen Belegenheit — im liibischen Recht besonders erfahren. Dieser Ruf fiihrte dazu, daB versendende Gerichte sich gerade deshalb an sie wandten. So wurde in einem Schreiben von Biirgermeister und Rat der Stadt Kiel von 1646 ausdriicklich gesagt, daB Gericht habe in einer Strafsache beschlossen, die Akten an eine unverdächtige, „insonderheit des Statuti Luheccensis"'' kundige Juristenfakultät zu iibersenden.^^^ Es geschah auch, daB einzelne Parteien Gutachten iiber einzelne Fragen des liibischen Rechts begehrten.^*“ Die örtlichen Bindungen an die lubische Rechtssphäre werden in der Auswahl der von der Fakultät zitierten Rechtsquellen bestätigt; liibisches Recht scheint besonders in biirgerlich-rechtlichen Streitigkeiten und vor allemin Erbrechtssachen herangezogen wordenzu sein.^^^ DieFakultät empfing auch Anfragennach demInhalt der herzoglichen Verträgemit den Städten Stralsund und Stettin. In einer Stralsunder Sache fragteeine Partei an, ob eventuelle Appellationsbestimmungen im Erbvertrag von 1615 fiir ihren ProzeB giiltig seien.^^^ Diese Appellationsbestimmungen waren im iibrigen damals gerade Gegenstand der allgemeinen Diskussion.^In einem anderen 110 1641: 56, 1644: 37, 1646: 24, 1647: 40. los 1641: 30, 1644: 28, 1646: 25, 1647: 29. Siehe hierzu 2. B. Schott: Rat und Spruch S. 39. Siehe z. B. Hinrich von der Osten an die juristische Fakultät, datiert Batevitz, den 16. Oktober und 19. November 1646; UA Greifswald: Stettiner Bestand vol. 501. 1” Biirgermeister und Rat an die juristische Fakultät, datiert Kiel, den 26. September 1646; UA Greifswald: Stettiner Bestand vol. 501. Petrus Chorswandt an die juristische Fakultät Greifswald, datiert den 20. April 1641; UA Greifswald: Stettiner Bestand vol. 498. In einem Gutachten von 1647 wurde sowohl auf die Brauerordnung der Stadt Stralsund als auch das lubische Recht verwiesen. — Fienrik Lene an die juristische Fakultät, datiert Stralsund, den 12. Mai 1647; UA Greifswald: Stettiner Bestand vol. 502. Z. B. Jochim Jiilen sämbtliche Creditores, datiert Wismar, den 10. November 1641, und Hinricus Langermann an die juristische Fakultät, datiert Mölln, den 22. November 1641; UA Greifswald: Stettiner Bestand vol. 498. Hans Freile an die juristische Fakultät, datiert Stralsund, den 8. Mai 1641; UA Greifswald: Stettiner Bestand vol. 498. Vgl. oben Kap. 4.2.5.2.2. S. 156 ff. 109

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