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393 Die personellen Verbindungen zwischen Regierung und Justizkollegium durch die Doppelstellung des Kanzlers fiihrten dazu, daB die urspriinglich von der Regierung gewunschte Trennung der Kollegien nicht zu Stande kam. ImJanuar 1653 starb Stucke plötzlich. Kandidaten fiir das Amt des Kanzlers wurden mehrfach vorgeschlagen, ein Nachfolger aber erst 1656 Anfang 1653 wurde die Regierung durch Alexander Erskein verstärkt, Im September erhielt er seine formelle Berufung zum Regierungsmitglied mit dem Titel Präsident.®®® Als Präsident gehörte es zu seinen Amtsaufgaben, das Justizkollegium zu leiten und die Untergerichte zu beaufsichtigen. In der Regierung hatte er höheren Rang als der Kanzler, der zukiinftig nur noch der Regierung, nicht aber dem Justizkollegium angehören sollte. Diese Reform bedeutete, daB der Kanzler nicht mehr mit Rechtsprechungsaufgaben befaBt wurde. Erskein war nicht lange in Stade und Bremen-Verden tätig. Nach der Regierungsiibernahme durch Karl X. Gustaf begab er sich nach Stockholm und war dort unter dem neuernannten Reichskanzler Erik Oxenstierna tätig. Später nahm er im Gefolge des Königs am polnischen Krieg teil, wurde gefangengenommen und starb 1656 in Gefangenschaft in Danzig. Sein Nachfolger als Präsident in Bremen-Verden wurde Matthias Biörnklou.®®^ Während der Jahre nach dem Osnabriicker FriedensschluB entwickelte sich das Justizkollegium zum obersten Gericht des Herzogtums. Es gelang also den Schweden, ein Gericht einzurichten, das völlig von der schwedischen Krone beherrscht wurde. Allerdings wurde den Ständen, die während der erzbischöflichen Herrschaft die höchstinstanzlichen Gerichte dominiert hatten, die Wiedereinrichtung von Hofgericht und Oberlandgericht versprochen. Unter Karl X. Gustaf minderte sich der EinfluB des Landesherrn auf die Gerichte —zumindest auf dem Papier. Den Ständen gelang es nämlich, ihre Forderungen nach Rekonstruktion von Flofgericht und Oberlandgericht durchzusetzen.®®- Ihnen half dabei, daB mehrere Jahre weder ein Präsident noch ein Kanzler in Bremen-Verden anwesend war. Erskein nahm am polnischen Feldzug teil, und auch sein Nachfolger Biörnklou fand sich nicht in Stade ein. Ein Nachfolger fiir Stucke war noch nicht ernannt worden; die Geschäfte des Justizkollegiums wurden deshalb weder vom Präsidenten noch vom Kanzler, sondern stellvertretend von dem 599 ernannt. Böhme: Staatsfinanzen S. 122. Kgl. Vollmacht vom 22. September 1653; RA: RR. Auch StA Stade: Rep. 5 a, Fach 124 Nr. 35. Kgl. Vollmacht vom 26. September 1656; StA Stade: Rep. 5 a, Fach 124 Nr. 36. Kap. 7.3.2.2. S. 396 f. 600 601 602

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