390 Der polnische Krieg verhinderte dann aber vorläufig die weitere Bearbeitung schon vorliegender Gesetzesentwiirfe.^®^ Das allgemeine ProzeBrecht wurde deshalb während der hier interessierenden Jahre nicht reformiert. 7.3.2.1. Die Kanzlei und das Justizkollegium Während des Krieges fand die letztinstanzliche Rechtsprechung in der Kanzlei des Erzstiftes statt. Die Präliminarresolution der schwedischen Reichsregierung legte fest, daB die Kanzlei bis auf weiteres so verfahren solle, „als es bey denen Erzbischöfl. Zeiten iiblich gewesen“. Bis zur Wiedererrichtung von Hofgericht und Oberlandgericht hatte die Kanzlei in Zivil- und auch in Strafsachen letztinstanzlich zu entscheiden.^®“ 1649 wurde der Kanzler Heinrich von Haren (geboren 1594) aus Altersgriinden durch juris utriusque doctor Johann Stucke ersetzt, der vorher Kanzler in Calenberg gewesen war.®®® Stuckes Ernennung geht auf einen Vorschlag von Johan Adler Salvius zuriick.®®’ In Stuckes Amtsvollmacht wurde hervorgehoben, daB die Aufgaben des Kanzlers unverändert sein sollten. Unter anderem habe er dafiir zu sorgen, daB jedem Rechtsuchenden „ohn jenigen Respect unpartheyisch schleunig Recht wiederfahren möge“. Weiter habe er die Regalien, Jurisdiktionen und die jura superioritatis zu respektieren. Die Ubertragung der Rechtsprechungsaufgaben auf die Kanzlei war nur als Zwischenlösung gedacht. In der Instruktion fiir die BVEK vom Januar 1651 erklärte die Reichsregierung, daB man die wenig organische Kombination von Regierungs- und Justizzuständigkeiten ähnlich wie in Schweden und in Pommern auflösen und fiir Regierungssachen einerseits und Justizsachen andererseits besondere Kollegien einrichten wolle. Nach den Vorstellungen der Reichsregierung sollte es sich um vier Kollegien handeln.®®® Das Justizkollegium sollte im wesentlichen die Rechtsprechungsaufgaben der Kanzlei iibernehmen. Seine Zuständigkeit sollte Zivilund Strafsachen umfassen, die durch Appellationen gegen Untergerichtsentscheidungen und durch „supplicationes simplicis quaerelae"" anhängig gemacht werden konnten. Tagungen des Justizkollegiums sollten ,,auff Böhme: Staatsfinanzen S. 248. Kgl. Präliminarresolution vom 5. Februar 1649; RA: RR. Auch StA Stade: Rep. 5 a, Fach 54 Nr. 3. Kgl. Vollmacht vom 15. November 1649; RA: RR, StA Stade: Rep. 5 a, Fach 124 Nr. 40. — Uber ihn Kucher, ADB 36 S. 716 f. — Böhme: Staatsfinanzen S. 58 f. KMt an Salvius vom 22. September 1649; RA: RR. Staats-, Konsistorial-, Justiz- und Kammerkollegium. Kgl. Instruktion fiir die BVEKvom24. Januar 1651 (Punkt 19); RA: RR. 585 586 587
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