355 Art, und sein Amt entsprach in den Grundziigen dem des Kammerrichters amRKG. Der Vizepräsident — diese Amtsbezeichnung stammt aus Stuckes Entwurf —hatte zwei Hauptaufgaben. Zum einen vertrat er bei Bedarf den Präsidenten, zum anderen stand er der Gerichtskanzlei vor und leitete die richterliche Tätigkeit des Gerichts. Diese letztere Aufgabe entsprach der des Direktors und Verwalters am pommerschen Hofgericht, die erstere hatte Vorbilder in der RKGO. Beim RKG vertrat einer der Beisitzer den Kammerrichter.^^® Beim RKG gab es im iibrigen einen Kanzleiverwalter mit hervorgehobener Stellung. Er war rechtsgelehrt und meist auch graduiert. Ein richterliches Votum hatte er nicht, gehörte aber sozial zum Kreise der Richter.^"^^ Im Laufe der Entwicklung wurden seine Aufgaben zumindest teilweise auch von eigentlichen Richtern wahrgenommen. Die Pflichten dieses Kanzleiverwalters fielen beim Tribunal ebenfalls einem aktiven Richter, dem Vizepräsidenten, zu.^^“ Diese Zuweisung geht auf Stuckes Entwurf zuriick, der sich insoweit offensichtlich an der RKGO orientiert hatte.^^^ Der Vizepräsident hat also kein reines Vorbild auf Reichs- oder Territorialebene. Zu den Aufgaben des Vizepräsidenten gehörte die Verwahrung und Verwaltung des Gerichtssiegels; beim RKG hatte der Kanzleiverwalter diese Aufgabe, beim pommerschen Hofgericht der Gerichtsverwalter. Der Vizepräsident sollte weiter dafiir sorgen, dafi alle Bediensteten des Gerichts ihre Pflichten erfiillten; bei Säumigkeit sollte er erforderliche DisziplinarmaBnahmen einleiten. Dem Vizepräsidenten oblag es, die planmäBige Referierung und Entscheidung eingehender Sachen zu organisieren. Die laufende Bearbeitung war nach Möglichkeit zu beschleunigen, nicht aber so, daB die Qualität der Arbeit leiden konnte. Wichtige Sachen durften neu eingetretenen, unerfahrenen Referenten nicht zugewiesen werden. Die Berichterstatter hatten ihre Relationen schriftlich zu verfassen. Sobald eine Relation vorlag, sollte dann die Sache im Plenum vorgetragen werden.^^^ Diese Regeln der Tribunalordnung iiber die Amtsaufgaben des Vizepräsidenten wurden ergänzt durch eine Generalklausel, der Vizepräsident solle „auch alles mit reden und schreiben thun und verrichten, was einem Directori bey derogleichen Gerichten und Collegiis oblieget und anstehet“.^^® RKGO 1555 I 12. Welchem inn abwcsen dess Cammerrlchters der Stab unnd richter Ampt befohlen werden soil. Smend: Reichskammergericht S. 320 ff. 342 'j'Q 1653 Xeil 1 Tit. 4. Von Vice-Prxsidenten undt dessen Ambt. —TO 1656 Teil 1 Tit. 4. 341 I 27. Von des Verwalters Ampt und befelch. Diese Aufgabe entsprach der des Präsidenten im Verhältnis zu den Richtern. Entsprechende Regeln enthielt die PHO fol. 11 pag. 2 f. und die RKGO I 13 § 9. TO 1656 Teil 1 Tit. 4 § 8. 343 344
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