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16 auch weiterhin möglich sein sollte. Eriks Nachgeben in diesem Punkt hatte politische Griinde. Konflikte mit der Hanse wurden von schwedischer Seite tunlichst vermieden. Zudem war ein Nachgeben in diesem Punkt zu unbedeutend, um die Prärogativenlehre ernsthaft in Frage zu stellen. Während der Regierungszeit Johans III. wurde dann der schwedische EinfluB in Estland verstärkt, und Johan plante sogar, schwedisches Recht und die schwedische Gerichtsorganisation dort einzufiihren.^® Diese Reformvorschläge trafen jedoch auf Widerstand von Seiten der estlandischen Stände, die sich dagegen auf ihre Privilegien beriefen.^^ Während dieser Zeit wurden auch die noch bestehenden Appellationsmoglichkeiten der Stadt Reval nach Liibeck aufgehoben. Die Appellation sollte statt dessen an den Hof, d. h. das sogenannte Hofgericht, in Stockholm gehen. Diese Appellation war jedoch nur zulässig bei Streitwerten iiber 400 Reichstalern.^- Karl IX. versuchte, nach seinem erfolgreichen Angriff auf Livland 1601 unter Hinweis auf den desolaten Zustand des Gerichtswesens die Annahme schwedischen Rechts — allerdings unter Beachtung lokaler Eigenarten — durchzusetzen.^^ Insgesamt kann man liber diese Zeit sagen, daB schwedische Reformvorschläge auf dem Gebiete des Gerichtswesens immer dann vorgetragen wurden, wenn der schwedische EinfluB durch militärische Unternehmungen verstärkt worden war. Bevor wir die weitere Entwicklung in diesen Territorien betrachten, muB noch kurz auf die MaBnahmen eingegangen werden, die während der Regierung Gustaf Adolfs II. im Kernland zur Verbesserung des Gerichtswesens durchgefiihrt wurden. Hervorragenden Bedeutung hat in diesem Zusammenhang die ProzeBordonnanz von 1614 und die mit ihr verbundene Einrichtung eines besonderen Forums fiir die Ausiibung der delegierten königlichen Gerichtsbarkeit imHofgericht. Die ProzeBreform von 1614 bedeutete nicht nur einen Bruch mit den noch iiberlebenden mittelalterlichen Formen der Ausiibung der königlichen Gerichtsbarkeit. Die Ordonnanz enthielt auch Regeln, die das damals fast chaotische schwedische Gerichtswesen reorganisierten. Diese Reformbedeutete zudem, daB manvonnational beschränkten Betrachtungsweisen abging, die vorher im ProzeBrecht dominierend waren. Besonders die neue Gerichtsorganisation wurde unter dem EinfluB der leitenden Persönlichkeit der Reform, Axel Oxenstierna, von ausländischen Vorbildern geprägt. Das gait in erster Linie fur das Hofgericht, das permanent tagende Gericht, das zur Wahrnehmung der letztinstanzlichen Liljedahl: Svensk förvaltning S. 6 f. Liljedahl: Svensk förvaltning S. 7. VON Bunge: Gerichtswesen S. 223. Liljedahl: Svensk förvaltning S. Ilf. Schmedeman: Justitiasverket S. 133 ff.

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