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289 wieder auf kontinentalen Feldzugen, zuerst in Polen und dann auch im ersten dänischen Krieg.® Vor diesem politischen Hintergrund erörterte man Schwedens deutsche Verfassungsprobleme. Noch unter Königin Christina wurden neue Lösungsvorschläge erdacht. Die Königin sah in einem Generaldirektorium, einer gemeinsamen Regierung fiir alle schwedischen Provinzen in Deutschland, die beste Lösung. In diesen Planen war das entstehende Appellationsgericht ein wichtiger Baustein.'^ Das vorgeschlagene Generaldirektorium war ein konkreter Ausdruck fiir Christinas Ansichten zur Provinzialverwaltung. Sie wiinschte weder Konformität mit dem schwedischen Verwaltungssystem noch —wie der Reichskanzler —eine Annäherung an den Kaiser und eine Assimilierung im deutschen Kaiserreich. Christina wollte eine selbständige Provinzialverwaltung, die den Gedanken der Ostsee als mare clausum Schwedens verwirklichen konnte. Christinas Plane und Ideen wurden nicht verwirklicht. Nach ihrer Abdankung und den Kriegen gegen Polen und Dänemark während der fiinfziger Jahre gerieten sie in Vergessenheit. Der Vorschlag eines Generaldirektoriums deutet jedoch ein wesentliches Verfassungsproblem an: Wie sollten Verwaltung und Rechtsprechung verschiedener Landesteile unter der schwedischen Krone aufeinander abgestimmt werden. Hier wurden das privilegium de non appellando in Art. X § 12 des Osnabriicker Vertrages und die damit verbundene Verpflichtung zur Errichtung eines Oberappellationsgerichtes zur Schliisselfrage. Sollte die schwedische Krone die Gerichtstätigkeit in den Provinzen nur organisatorisch garantieren oder sollte man das Gericht von Stockholm aus dadurch als politischen Machtfaktor ausnutzen, daB man es den Provinzialregierungen in Rechtsprechungsfragen iiberordnete? Abstimmungsfragen wurden auch auf lokaler Ebene aktuell. Die Lösungsmöglichkeiten waren jedoch von Provinz zu Provinz verschieden. Bremen und Verden waren eroberte Gebiete, in denen schon vor dem FriedensschluB eine Verwaltung auf der Grundlage der Militarverwaltung und gerechtfertigt durch das jus belli aufgebaut worden war. In Pommern und Wismar war die Lage anders. Hier hatten die Allianzvertrage mit den Landesherrn den Rahmen und die Grundlage fiir schwedische EinfluBnahme auf den Verwaltungsapparat abgegeben, und hier waren die schwedischen MaBnahmen zudem eher auf Dauer angelegt worden. Sowohl von der Provinzen als auch von Seiten der schwedischen Reichsregierung stellte man sich sofort nach dem AbschluB des Vertrages von Osnabriick auf die neue Lage ein. Die Stände Bremens, Verdens und ® Zur allgemeinen politischen Entwicklung siehe waiter Carlsson-Rosén: Svensk historia I S. 579 ff. m. w. H. ' Back: Herzog S. 125 ff. 19 —Modéer

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