235 fehrliches Umtreiben der Advocaten und Procuratoren“ verspottet werde, wo unterliegenden Parteien Schaden zugefugt werde und wo schlieBlich „das vinculum societatis humanae als Treu und Glaube notorie zerrissen und geschwechet wird“. Aus schwedischem Blickwinkel muBte diese Appellationsmöglichkeit abgeschnitten werden, well Hofgerichtsurteile zukiinftig im Namen der Königin ergehen sollten und sie nicht akzeptieren konnte, „dass davon ad earneram imperialem provocirt werde“. Die MaBnahmen zeigten also deutlich den Wunsch der schwedischen Seite, das pommersche Rechtswesen der kaiserlichen Jurisdiktion in RKGund RHR zu entziehen. Die schwedische Regierung bot statt dessen eine Priifung von Hofgerichtsurteilen auf zwei anderen Wegen an. Zum einen konnte sich eine Partei mit ihren Beschwerden an die pommersche Regierung {Consilium status) wenden. Stellte die Regierung fest, daC die Appellation nicht „frivole oder malitiose"' war, sollte das Hofgericht die Akten an die Regierung senden, die sie ihrerseits einer juristischen Fakultät zur confirmatio oder reformatio iibersenden sollte. War die Partei mit diesem Rechtsmittel nicht zufrieden, bestand die Möglichkeit, das beneficium revisionis zu begehren. Die Revision sollte so vor sich gehen, daB die Regierung einen Landrat als Repräsentanten von Geistlichkeit, Adel und Städten ernennen sollte, der zusammen mit der Regierung, dem Hofgerichtsverwalter und den Hofgerichtsrichtern die Akten revidieren sollte. Ein summarisches Verfahren wurde vorgeschrieben. Jede Partei durfte nur einen Schriftsatz während des Revisionsverfahrens einreichen. Erneute Beweisaufnahme fand nicht statt. Die Revisoren sollten sich äuBern, ob das Urteil ihrer Meinung nach falsch war und mit dem geltenden Recht nicht ubereinstimmte. Auf der Grundlage dieser ÄuBerung sollten sie das Urteil bestätigen oder ändern. Diese schwedische Konstruktion war nicht neu. Sie entsprach dem Verfahren, auf das eine Partei verwiesen war, wenn ein Streit wegen zu geringfiigigen Streitgegenstandes nicht von den territorialen Obergerichten vor das RKG kommen konnte. Nach einem ReichstagsbeschluB von 1600 hatte eine Partei in derartigen Fallen die Möglichkeit, sich mit einer Supplikation an die Territorialherrschaft zu wenden, die entweder ihre rechtskundigen Räte das Urteil revidieren lassen konnte oder auf Antrag einer Partei bei gewichtigen Grunden im ubrigen die Akten an eine juristische Fakultät zur Entscheidung iibersandte.^^ Die Entscheidung der schwedischen Regierung gegen Appellationen nach Speyer wurde also mit der Gewährung der Revisionsmöglichkeit verAbschied des Deputationstages zu Speyer von 1600 § 16; Lunig: Reichs-Archiv, P. gen. Cont. I S. 400; Neue Sammlung III S. 477. — Zu den Verhältnissen in Minden, wo die Schweden auch ein Verbot der Appellation nach Speyer einfiihrten, siehe Kap. 4.2.5. oben S. 211 ff.
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