230 Appellation ausgeschlossen. Oft enthielten Privilegien Bestimmungen, daB in Handels- und Bausachen eine Appellation unzulassig sei. 2 c. In der deutschen Lehre ist behauptet worden, daB weitere Begrenzungen sich aus Vorschriften iiber formalia appellationis ergäben, d. h. unter anderem dadurch, daB ein Eid, das ]uramentum calumniae, vom Appellanten persönlich, nicht aber von seinem Bevollmächtigten {per mandatarium) abzulegen war. Diese prozessuale Voraussetzung hinderte eine Appellation an die Reichsgerichte prinzipiell jedoch nicht, wenn sie sie auch erschwerte. Diese Formalien fiihrten also nicht zur Bildung einer besonderen Gruppe von Appellationsprivilegien. Zusammenfassend kann iiber die Appellationsprivilegien gesagt werden, daB eine unterschiedliche Privilegierung der Reichsstande vor dem Hintergrund des damaligen Dualismus zwischen Kaiser und Landesherr gesehen werden muB. Umso umfassender ein privilegium de non appellando war, desto selbständiger war der Landesherr im Verhältnis zum Kaiser. Die Richter des RKG wurden an die unterschiedlichen Privilegien ständig dadurch erinnert, daB eine Tafel imSitzungssaal des Gerichtes alle Appellationsprivilegien der einzelnen Reichsstände verzeichnete.-" Zu beachten ist auch, daB fiir die Anwendung der Appellationsprivilegien in RKG und RHRverschiedene Regeln galten.'^® SchlieBlich seien in diesem Zusammenhang einige andere Privilegien erwähnt, die direkt an das Verhältnis zwischen Reichsgerichten und territorialen Obergerichten ankniipften. Hierzu gehören einmal Exemtionsprivilegien, die fur österreich, Böhmen, Burgund und die Niederlande bestånden; sie schlossen diese Reichsteile nicht nur von der Möglichkeit aus, sich an die Reichsgerichte zu wenden, sondern sie befreiten sie in der Regel auch von der Zahlung der Reichsanschläge.^^ Hierzu gehören weiter kaiserliche privilegia electionis fori. Sie gaben dem begiinstigten Reichsstand das Recht, das Reichsgericht zu wählen, vor dem er sich auf Klagen einzulassen wiinschte. Ein derartiges Privileg wurde fiir die schwedische Krone im Zusammenhang mit ihrem Eintritt in den deutschen Reichsverband aktuell.^® Unter anderen J. J. Moser: Justizverfassung I S. 231. Perels: Appellationsprivilegien S. 7. Weitzel: Kampf S. 37 f., 262 FuQn. 23. Thudichum, Zeitschrift fiir deutsches Recht 20 (1861) S. 208. '• Zum Insinuationsverfahren, das fiir das Inkrafttreten des Privilegs erforderlich war, vgl. Perels: Appellationsprivilegien S. 17 f.; Sellert, HRG II Sp. 386; Eisenhardt, Umdruck S. 22. Sellert: Zuständigkeitsabgrenzung S. 22 ff. Sellert: Zuständigkeitsabgrenzung S. 40 ff. — Siehe unten Kap. 6.2.2. S. 277 ff. 28
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