198 bitterte Parteien, die zu teuren Injurienprozessen veranlaBt werden konnten. Die Advokaten wurden verpflichtet, ihr Verhalten zu ändern und sich „alles schumpfierend, Ehrnverletzlichen anzapfens und cavillierens“ zu enthalten. Bei Zuwiderhandlungen sollte die Kanzlei alle Schriften verwerfen, die in derartigen Sachen eingericht wurden. Der Einreichende sollte vom Gericht zu einer angemessenen Strafe oder aber zu Suspension oder vollständiger Entfernung verurteilt werden. Eventuelle Supplikationen und sonstige Schriften sollten dann in Zukunft nicht mehr angenommen, sondern verworfen werden (Punkt 9). Falls elne Partei ein End- oder Beiurteil mit der Appellation anfechten wollte, hatte sie einen persönlichen Appellationseid ad compescenda calumniamzu leisten. Aus diesen MaBnahmen gegen Advokaten ergibt sich daB man zumindest zur Zeit des letzten Erzbischofs erhebliche Schwierigkelten mit der fliissigen Abwicklung der Kanzleiprozesse hatte und diese Schwierigkelten auf das Verhalten der Advokaten zuriickfiihrte. Die Promulgierung der Bestimmungen erst 1643 wird man vermutlich dadurch zu erklären haben, daB damals Dietrich Reinking Kanzler war.^^^ Der Bescheid von 1643 stiitzt im iibrigen die oben aufgestellte Behauptung, daB sich der KanzleiprozeB dem ProzeB beim RKG anglich —was ja wegen der Stellung der Kanzlei imVerhältnis zum RKGkaumverwunderlich war.^^^ Die schwedische Machtiibernahme 1645 fiihrte nicht zu Veränderungen des Kanzleiprozesses. Auch geplant wurden Änderungen nicht, wie sich aus Instruktionen Königsmarcks vom April 1645 an die Kanzleisekretäre Jodoc Prott und Johan von Ronne ergibt, die angewiesen wurden, der friiheren Kanzleiordnung „in alien Puncten und Clausulln“ zu folgen.^^® 4.3.3.2. Der StrafprozeB Zur Entwicklung des Strafprozesses während dieser Jahre ist wenig zu sagen. Zu erwähnen ist jedoch, daB wie schon erläutert in den Jahren nach der schwedischen Machtergreifung bestimmte Neuabgrenzungen in der Kriminaljurisdiktion der Kanzlei vorgenommen worden sind. U. a. wurde Königsmarck persönlich die Strafgerichtsbarkeit fiir den Bereich seiner Giiter iibertragen. Weiter wurde den von der schwedischen Regierung ernannten Räten die Aufsicht iiber die Bearbeitung von Strafsachen im Schleif: Regierung S. 204 f. Vgl. hierzu oben Kap. 4.3.2.1.3. S. 186. RA: Bremensia vol. 116. 534 535 536
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