197 Die Ergänzungen waren fiir den Bremer KanzleiprozeB in einem Gemeinen Bescheid iiber die Amtsfiihrung der Prokuratoren und Advokaten enthalten, der 1643 gedruckt wurde.^^® In der Einleitung dieses Bescheides wurden die verschiedenen MaBnahmen erwahnt, die die Advokaten in Kanzleiprozessen zum Schaden der Parteien und zur Verringerung des Ansehens der Kanzlei zu ergreifen pflegten — vor allem mit der Folge, daB der ProzeB in die Länge gezogen wurde. Friedrich gab deshalb „aus sonderbarer Lieb zu der heilsamen Justici und das Recht zu befördern“ nähere Regeln iiber Einzelheiten der anwaltlichen und gerichtlichen Tätigkeit. Mit dem RKG als Vorbild wurde ein besonderer Eid eingefiihrt, den alle Advokaten und Prokuratoren, die bei der Kanzlei tätig waren, abzulegen hatten.®^'’ AuBerdem sollte eine Partei fordern können, daB nicht nur die Gegenpartei, sondern auch ihr Bevollmächtiger einen Kalumnieneid leisten sollte.-'’^^ Die Advokaten sollten an der Beschleunigung der Prozesse mitwirken. Wurde falsch prozediert, konnte dem Advokaten die Zahlung von einem Reichstaler oder sogar einem Goldtaler je nach Fehler auferlegt werden (Punkte 2 und 3). Besonders bei Zeugenverhören hatten Advokaten offensichtlich unsachliche articuli probatorii verfaBt, um mehr Arbeit in der Sache vorweisen und damit höhere Honorare verlangen zu können. Zur Beschleunigung des Verfahrens wurden die Advokaten zur genauen Einhaltung der prozessualen Fristen, der termini probatorii (Punkt 5) und der termini prejudicialibus (Punkt 6) angehalten. Hatte ein Prokurator eine Sache iibernommen, durfte er sich seines Auftrages nicht ohne gewichtige Griinde entledigen (Punkt 7). Summarische Verfahren und Vollstreckungssachen wurden nicht von der Kanzlei bearbeitet, sondern zuständigkeitshalber direkt an das Hofoder Oberlandgericht verwiesen (Punkt 8). Die Kanzlei wurde als eine officina Justitiae und keine calumniantiam palaestra bezeichnet.^^^ Durch „unruhige Advocaten“ erhalte man verRA: Bremensia vol. 115. — Ober den Unterschied zwischcn Advokaten und Prokuratoren Sellert: Stilus Curiae S. 112 ff. Conrad: Rechtsgeschichte II S. 460 ff. Bestimmungen iiber die Aufgaben der Advokaten waren schon in der Niedcrgerichtsordnung enthalten. —RA; Bremensia vol. 115. Vgl. RKGO 1555 Teil 1 Tit. 86 § 2: Der Advocaten und Procuratoren Eyd. Vgl. RKGO 1555 Teil 1 Tit. 87: Wie die Procuratores und Partheyen Juramentum Calumniae schwören sollen. „so auff klare Handt undt Siegel“ nach den Konstitutionen des Erzstiftes iiber Wucherkontrakte, auBerdem Urteile und Verträge. Die Advokaten hätten sich „des Cavillirens, scoptisirens und calitmnijrens so gar gewehnet, das sic keine Schrifft zu Papier bringen, noch einen Recess ohne Ehrnverletzlichen anzäpfungcn und Injurien halten können" (Punkt 9). 528 529 530 531 532 533
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