RB 24

153 Die Stadt Stettin wandte sich an die juristische Fakultät in Rostock mit der Bitte um ein Gutachten iiber die Frage, ob die Stadt trotz des brandenburgischen Reskripts das Gericht wiederaufleben lassen konnte, sofern man insbesondere auf die Sporteln verzichtete, die friiher dem Herzog zugestanden hatten. Die Antwort der Fakultät fiel fur die Stadt positiv aus. Das Gutachten kam zu dem Ergebnis, daB das Amt des fiirstlichen SchultheiBen durch den Tod des Herzogs nicht erledigt war. Bis zur Ernennung eines Nachfolgers könne der amtierende SchultheiB zusammen mit dem Richtervogt und den 11 Schöffen auch weiterhin tätig sein. Im August 1638 wurde deshalb die Tätigkeit wieder aufgenommen. Die Stadt verlangte von der schwedischen Regierung, daB der Richtervogt auch in den Fällen Recht sprechen solle, die vorher unter die Zuständigkeit des fiirstlichen Richters gehört hatten. Dieses Begehren fiihrte zu Instruktionen an den Generalgouverneur Baner, einstweilen und bis zu einer endgultigen Regelung einen Beamten mit der Wahrnehmung der fiirstlichen Gerichtsrechte zu beauftragen.^^^ Ob Banér während der Kriegsjahre 1638—40 einen Richter einsetzen konnte, ist nicht mit letzter Sicherheit klargelegt, aber sehr unwahrscheinlich. Zusammenfassend kann man feststellen, daB die Stadt Stettin mit Unterstutzung zweier Instanzen, d. h. der Rostocker Fakultät und der schwedischen Regierung, die Wiederaufnahme der Gerichtsarbeit erreichen wollte, aber auch gleichzeitig versuchte, die Verteilung der Rechte in der Stadt zu Gunsten der Stadt zu verändern. Andererseits versuchte die schwedische Regierung schon im November 1638 ihre jura ducalia imStadtgericht zu behaupten; das zeigt, daB sie die herzoglichen Rechte im Scabinat fiir strategisch wichtig hielt. Angesichts dieser Ereignisse ist leicht erklärlich, daB die herzoglichen Rechte im Scabinat zu einer wichtigen Frage bei der Rekonstruktion des hinterpommerschen Gerichtswesens durch die schwedischen Kommissare wurde. Am 20. Februar 1641 erhielt der schwedische Generalauditeur in .. quia ad universitatem(eandem) est constitutus et est ordinarius, cuius jurisdictio non expirat per mortem superioris constituentis." Die Fakultät griindete ihre Stellungnahme auf folgende Erwägungen. Zum einen diirfe der „cursus iudicii et justitiae per mortem Illustrissimi“ nicht aufhören. („... cum iustitiae administratio ad conservandam Republicae salutem sit maxime necessaria".) Zum anderen miisse das Schultheif3amt bei den Gerichtssitzungen reprasentiert sein, weil sonst das Sukzessionsrecht des Rates hinsichtlich des Gerichtes beschränkt werde. SchlieBlich sei das Reskript des Kurfiirsten an die Interimsregierung gerichtet gewesen. Daraus könne eine extensive Anwendbarkeit auf die Verhältnisse am Scabinat nicht hergeleitet werden. Da der fiirstliche SchultheiC nicht daran gehindert werden könne, sein Amt auszuiiben, miisse auch die Stadt als condomini fiir berechtigt angesehen werden, fiir Ihren Teil der Gerichtstätigkeit durch Richtvogt und Schöffen „salvo jure Ducali et fructibus, justitiam zu administriren“. Micraelius, Balt. Studien 3: 1 S. 140 f. Thiede: Chronik S. 690. KMt an Banér vom 29. November 1638; RA: RR. Malmström: Bidrag 1630— 1653 S. 51. —Vgl. Axel Oxenstierna im Rat 1638; SRP 1638 S. 359. 296 206

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