105 Stettin steliten ihre Tätigkeit ein, und im Sommer 1638 intervenierte Brandenburg mit kaiserlicher Hilfe in Vorpommern, das bald weitgehend kontrolliert wurde. Die Einstellung der Regierungsarbeiten und die militärische Aktivität fiihrten zu völliger Anarchie. Unter anderem wurde jegliche Rechtsprechungstätigkeit eingestellt.^^ Die MaBnahmen des brandenburgischen Kurfiirsten gegen Regierungstätigkeiten der Interimsregierung fiihrten zu schwedischen GegenmaBnahmen. Schon am 3. April 1638 wurde imReichsrat in Stockholm die Ernennung des schwedischen Oberbefehlshabers in Deutschland, Feldmarschall Johan Baner, zum Generalgouverneur von Pommern erörtert. Eine entsprechende Bestallung erhielt er im November.^^ Wegen des Kriegsgeschehens konnte er sein Amt jedoch nicht ausiiben.'® ImMai 1638 wurden zudem Gouverneure fiir Vor- und Hinterpommern ernannt. Die Schweden versuchten mit alien Mitteln ihre Rechtsstellung im Lande zu verstärken.-' Am 30. Mai 1638 beschloB der schwedische Reichsrat nach umfassenden Erörterungen des Engagements in Pommern, daB die schwedische Krone zwar selbst eine Verfassung erlassen wolle, aber die Rechtsprechung und die leges publicas et municipales akzeptiere.“® Die Schweden wollten also in konsequenter Fortsetzung ihrer Provinzialpolitik seit 1633 aktiv in die Regierungsgeschäfte Pommerns eingreifen, die geltende Rechtsordnung aber unverandert lassen.-® Im Sommer 1638 lief in Pommern ein Geriicht um, daB Johan Baners Bruder Peder schon mit der Einrichtung des Regiments „sowol in Polizeials Justizsachen“ beauftragt sei und daB die schwedische Regierung Pommern ini Namen der schwedischen Krone verwalten lassen wolle.^® Tatsachlich war Johan Nicodemi Lillieström, einer der Schuler Axel OxenSlehe unten Kap. 4. 2. 5. 2. 1. S. 152. Axel Oxenstierna berichtete am 31. Mai 1638 im Rat iiber „thet Pomerske väsendett“, daB „justitien ligger belt nedre“; SRP 1638 S. 220. — Am 16. Juli 1638 schrieb Matthias von Crockow an den brandenburgischen Rat Levin v.d. Knesebeck vom erbärmlichen Zustand im Lande, da keine Verhandlungen stattfänden „wie auch keine Justiz noch Gerechtigkeit veriibet*'; Urkunden und Actenstiicke I S. 513. — Bär: Politik Pommerns S. 354. Vgl. Micrälius, Balt. Studien 3: 1 S. 138 ff. RA: RR, 26. November 1638. -® Malmström: Bidrag 1630—1653 S. 49. 1638 nahm Johan Baner sein Quartier im fiirstlichen SchloB zu Stettin. Sein Umzug zeigt konkret die Intentionen der Schweden und wird psychologische Wirkungen gehabt haben. Micrälius, Balt. Studien 3: 1 S. 142. -® SRP 1638 (30. Mai) S. 219. „ ... så skall the alt stå som förr quoad leges et modumoförkränkt.“ —Odhner: Politik Schwedens S. 37 f. Rosén, Scandia 17 (1946) S. 230. Matthias von Crockow an Levin v.d. Knesebeck; Urkunden und Actenstiicke I S. 513. 29
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