92 Reisen wurde.^"® Das politische Leben der Stadt war während des Mittelalters von ständigen Streitigkeiten zwischen dem Fiirsten und der Stadt gepragt.®”^ Durch Vertrag zwischen Stadt und Fursten vom 28. März 1300 verkaufte der Fiirst seine Burg in Wismar an die Stadt fiir das Recht, in der Stadt einen Fiirstenhof errichten zu diirfen, der nach den Bestimmungen des Vertrages im Verhältnis zur Stadt sowohl rechtlich als auch wirtschaftlich exemt sein sollte. Der Hofwart des Herzogs war von SchoB und Nachtwache der Stadt befreit, und Straftaten von Bediensteten des Herzogs innerhalb der Einfriedigung des Hofes sollten von ihm nach demRecht des Herzogs abgeurteilt werden.®'® Auch in Wismar hatte der Herzog einen Vertreter im Gericht der Stadt, seinen Vogt.®’'* Rechtsstreitigkeiten der Stadt sollten vom Vogt und den Ratsherren an der iiblichen Gerichtsstatte unter Anwendung liibischen Rechts entschieden werden.®'® Während des 14. Jahrhunderts kämpfte die Stadt fiir Autonomie — nicht zuletzt wegen ihres Engagements in der Hanse. Der Herzog erklärte sich schlieBlich zum Verzicht auf unmittelbare EinfluBnahme auf das Rechtsleben der Stadt bereit,®"® und im Jahre 1373 wurde die Stadt endgultig unabhängig in Gerichtsfragen.®’’ Die Verbindung zur Hanse beeinfluBte auch weiterhin das Rechtsleben der Stadt. Während des 16. Jahrhunderts und dauernd seit 1567 wurde ein rechtsgelehrter Syndikus angestellt,®^® und ab 1593 war einer der Burgermeister der Stadt regelmäBig rechtsgelehrt.®'® Liibisches Recht wurde im Stadtgericht zu Grunde gelegt und gegen die dort verkiindeten Urteile konnte an den Oberhof in Liibeck appelliert werden. Während des 16. Jahrhunderts wurde dieses Verfahren jedoch teilweise durch die Appellation an das Gericht des Landesherrn, das Hofgericht, ersetzt. Dieses Gericht, das sich im 16. Jahrhundert entwickelte, lag in Mecklenburg anders Hamann: Mecklenburgische Geschichte S. 332. — Eine Zusammenfassung der älteren Geschichte Mecklenburgs gibt Schlesinger: Staats- und Verwaltungsrecht S. 1 ff. Techen: Wismar im Mittelalter S. 6. Mecklenburgisches Urkundenbuch 4 S. 143 ff. Nr. 2603. Techen: Geschichte Wismar S. 17. Der Vogt war auch in Mecklenburg der herzogliche Bedienstete in der Vogtei, die die Grundeinheit der mittelalterlichen lokalen Verwaltungsorganisation in Mecklenburg bildete. Seit der Mitte des 14. Jahrhunderts wird der Vogt synonym auch als Amtmann bezeichnet. —Hamann: Mecklenburgische Geschichte S. 335 f. Techen: Geschichte Wismar S. 17. Albrecht von Mecklenburg verpfändete Vogtei, Gericht und Zoll am 7. August 1357 an die Briider Dietrich und Heinrich Tribuz. Mecklenburgisches Urkundenbuch 14 S. 338 ff. Nr. 8508. Techen: Geschichte Wismar S. 59. — Zur rechtlichen Stellung des Rates siehe weiter Techen a.a.O. S. 45 f. Techen: Geschichte Wismar S. 57. Techen: Geschichte Wismar S. 43. 870 872 874
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