RB 22

die Obrigkeit, majestätsrechtlich gesehen, sowohl ”positive” als auch ”negative” Majestätsrechte, ”circa sacra”, habe. Beide haben es unabhängig von ihrer Konfessionszugehörigkeit; die Rechte vvaren ein Teil des Majestätsrechtes, welches ”inspectio generalis” genannt wurde. Zusammengenommen bedeutete dieses Recht, Aufsichtsmacht und Schutzmacht. Beide stiitzten sich auf staatsrationelle Motive und warden besonders unter dem Aspekt des Nutzens fur den Staat gesehen. Weiterhin wurde die Verantwortung der Obrigkeit fiir die ”positiven” Rechte insoweit unterstrichen, dass man eine besondere Verantwortung der Obrigkeit fiir den Schutz von Religion und Kirche im Staat voraussetzte. Diese Majestätsrechte galten den äusseren Verhältnissen von Religion und Kirche. Die Aufsichtsmacht beschäftigte sich vorallem damit zu kontrollieren, dass die Kirche durch ihre Tätigkeit dem Staat keinen Schaden zufiige, sie priifte weiterhin, ob nur geeignete Lehrer und Pastoren in ein Amt eingefiihrt werden und ob zweckdienliche Zeremonien gepflegt werden. Weiterhin waltete sie ixber die Kirchenzucht und priifte, wie das Eigentumder Kirche angewendet wird, vorallem versucht sie zu verhindern, dass es nicht gegen die Interessen des Staates verwendet werde. Die stärker ”positiv” eingerichteten Majestätsrechte bedeuteten im Allgemeinen die Verantwortung der Obrigkeit fiir die unbehinderte Tätigkeit der Kirche im Interesse des gesellschaftlichen Wohles, ihre Verpflichtung die Kirche vor einem Angriff von aussen zu schiitzen, sowie die Reinheit der Lehre zu erhalten. Diese ”positiven” Majestätsrechte warden in der letzten Hälfte des Jahrhunderts deshalb so deutlich betont, weil man allgemein ansah, dass die Religion eine fundamentale Rolle fiir das ethische Handeln der Staatsburger und damit auch indirekt fur den Staat spielten. Aus diesem Grunde wurde der Pfarrer mittelbar als Staatsdiener fur die Religion des Staates und als Lehrer von Moral und Religion angesehen. Auch Hess es sich aus dieser Situation erklären, dass die Obrigkeit, sovv'ohl ”positive” als auch ”negative” Majestätsrechte, zum Beispiel bei den Ernennungen der Pfarrer, hatte. Die schwedischen Kollegialisten vertraten inhaltlich im Grossen und Ganzen die gleiche Auffassung vom ”jus circa sacra” der Obrigkeit. Dies hängt damit zusammen, dass die Grundgesetze vorschreiben, wie ”kirchliche Fragen”, das heisst Fragen, die die Religion und das Kirchenwesen beriihrten, zu behandeln seien. Der schwedischen akademische Unterricht war selbstverständlich an das geltende Gesetz und dessen Festlegung iiber den Inhalt des ”jus circa sacra” der politischen Macht gebunden. Gleichwohl sympatisierten die Kollegialisten aus anderen Grunden mit dem Inhalt dieses Rechts. Dieses hängt mit ihrem Kirchenverständnis, als einer .selbstständigen, vom Staat getrennten, Rechtssphäre zusammen. Auch diese akademischen Lehrer hoben hervor, dass die Obrigkeit ”jura majestatica circa sacra” habe. Dieser Teil des Rechts wurde gewöhnlich in zwei Hauptgruppen aufgeteilt. Die eine Gruppe der Majestätsrechte hatte einen ”negativen” und ”prohibitiven” Charakter. Die Obrigkeit hatte das Recht alles dies innerhalb der Religion zu verhindern oder zu verbieten, was unter den .\ufgabenbereich des Staates fiel. Die andere GrupjJe 351

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=