Ausgehend von dieser Societasauffassung der Kirche formulierte Pufendorf ihre Rechtsnorm, dies einmal in Hinblick auf ihre innere Rechtsstruktur und zum anderen in ihrem äusseren Rechtsverhältnis zum Staat. Die Kirche wurde somit auf andere Weise als friiher zu einem eigenen Rechtssubjekt mit eigener Rechtsfähigkeit. Die schw'edischen kirchenrechtliche Theoriebildung wurde stark von Pufendorfs Auffassung von Kirche geprägt. Sie wurde auch v'on der kirchenrechtlichen Entwicklung in Deutschland, welche von Pufendorf ausging, beeinflusst. In Deutschland ging die Lehrbildung hauptsächlich in zwei, teilweise verschiedene, Richtungen. Im sogenannten Territorialismus, als dessen bedeutendste Vertreter Chr. Thomasius und J. H. Böhmer gelten, bleibt man im Grossen und Ganzen bei der Definition Pufendorfs von Kirche, als einer ”societas aequalis” stehen. Von einem weiterentwickelten Pufendorfschen Societasbegriff ging der sogenannte Kollegialismus mit Chr. Pfaff, von Mosheim und G. L. Böhmer an der Spitze aus. ImUnterschied zu den Territorial isten betonten die Kollegialisten, dass die Kirche besondere Rechte habe, was bedeute, dass sie eine stark zu betonende Sonderstellung im Staat einnehme. Zu diesem Schluss kamen die Kollegialisten durch sowohl vernunftsrechtliche als auch rechtstheologische Begriindungen. Die Rechte der Kirche, die ”jura ecciesiae collegialia” waren von zweierlei Art. Einmal waren sie essentiell mit der Zielsetzung der Kirche verbunden, so dass die Kirche immer selbst diese Rechte ausiiben muss, zum anderen gab es Rechte, die gewiss im grossen Masse dazu beitnigen, dass die Kirche ihr Ziel erreichte, die aber nicht selbst wesenhaft zum Ziel gehörten. Der erste Typus der Rechte trug die Bezeichnung: ”jura ecciesiae immediata” oder ”non translativa” oder ”incommunnicabilia”, der andere Typus hingegen die der ”jura ecciesiae mediata”, ”translativa” oder ”communicabilia”. Die erst genannten Rechte hingen mit dem göttlichen Urspiomg der Kirche zusammen, hier wairden rechtstheologische Begriindungen angewendet. Die letzteren hatten einen Zusammenhang mit der rechtlichen Stellung der Kirche, als einer ”societas”. In diesem Fall wurde das Recht der Kirche rein vernunftsrechtlich bewiesen. Diese schwerwiegende Unterscheidung zwischen den beiden kirchenrechtlichen Hauptlinien in der deutschen Doktrin spiegelten sich direkt im schwedischen akademischen Unterricht des 18. Jahrhunderts wider. An der Universität zu Uppsala kniipfte man vorallem an den sogenannten Territorialismus an. Eine Anzahl fiihrender Repräsentanten der unterschiedlichen theologischen, juristischen und philosophischen Fachgebiete legten in ihrem Unterricht die Auffassung von Kirche, als einer ”societas”, dar und kniipften somit direkt an die Gedanken Pufendorfs, Thomasius und J. H. Böhmers an. Man blieb hauptsächlich bei dieser Definition der Kirche, als einer ”societas”, stehen, die Auffassung von einem selbstständigen Kirchenrecht hatte es schwer. Gehör zu finden. An der Lunder Universität hingegen ging die Entwicklung in eine vorwiegend kollegialistische Richtung, schon in den Dreissiger Jahren des 18. Jahrhunderts. Der fiihrende Jurist jener Zeit, Nehrman-Ehren347
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