RB 22

2. Das Religionsfreiheitsproblem fur schwedische Staatsburger. Bekenntnisverpjlichtung und Gcwissensfreiheit. Fiir eingeborene schwedische Staatsburger wurde an der Forderung festgehalten, dass sie sich zu der, von den Grundgesetzen des Landes angenommenen Religion zu bekennen hätten. Diese Bekenntnisverpflichtung verlor während des ganzen 18. Jahrhunderts nicht an Giiltigkeit. Nach geltendem Recht, konnte ein eingeborener schwedischer Staatsburger, der v^on der Religion des Landes abfiel, oder abweichende Religionsanschauungen verbreitete, im äussersten Falle des Landes verwiesen werden. Dadurch enstand das Problem, wie sich die vom Staate geforderte Bekenntnisverpflichtung mit der Gewissensfreiheit des einzelnen Staatsbiirgers vereinen lasse. In der geltenden Religionsgesetzgebung gab es eine Unterscheidung, an welche der akademische LInterricht ankniipfen konnte. Derjenige, der in seinem Inneren einer anderen Religionsauffassung anhing, als jener, die durch die Grundgesetze vorgeschrieben wurde, konnte weder bestraft, noch des Landes verwiesen werden. Jener hingegen, der trotz Belehrung, Ermahnung und Warnung, nicht aufhörte, abweichende Reliogionsauffassungen zu verbreiten, konnte imextremsten Falles mit Landesverweisung bestraft werden. In Uebereinstimmung mit dem geltenden Gesetz sah man besagte Person nicht um der Religion willen fiir strafbar an, sondern deshalb, weil ihre Haltung gesellschaftsgefährdend sei, ”turbator reipublicae". ImEinvernehmen mit dieser Distinktion wurde das aufgekommene Problem, wie die vom Staat geforderte Religionseinheit und die damit verbundene Verpflichtung auf ein Bekenntnis, mit der Gewissensfreiheit des einzelnen Staatsburgers zu vereinen sei, gelöst, auch in der akademischen Lehre. Dies gait ohne Ausnahme fiir den Unterricht an den theologischen, juristischen, sowie an den philosophischen Fakultäten. Es gab also keinen unterschiedlichen Ståndpunkt zwischen Theologen, Juristen und Philosophen in dieser Frage. Dies dauerte bis ungefähr 1780. Zu diesem Zeitpunkt begann man in immer stärkeren Masse in Frage zu setzen, inwieweit es mit dem Prinzip der Gewissensfreiheit zu vereinen sei, dass alle eingeborenen schwedischen Staatsburger durch das Gesetz gezwungen seien, sich zur gleichen Religion zu bekennen und dass die Kirche eine Sonderstellung imStaate innehabe. Obwohl dieses Problemdiskutiert wurde, setzte man innerhalb des akademischen Unterrichtes in Schweden, während des 18. Jahrhunderts, niemals ernsthaft das Recht des Staates in Frage, die Religion des Landes festzustellen und dann zu fordern, dass die eingeborenen schwedischen Staatsburger sich zvi derselbigen zu bekennen hätten. ImGegenteil, es konnte unter dem Einfluss von Rousseaus Auffassung iiber das Wesen der ”Staatsreligion” die konfessionelle Forderung noch verschärft werden. Die offenbarte, christliche Religion wurde als diejenige Religion dargestellt, die am besten demBediirfnis des Staates und des Individuums entsprach, da sie in vollkommener Uebereinstimmung mit den Naturgesetz stand. 345

RkJQdWJsaXNoZXIy MjYyNDk=