hebt Pufendorf, in Anlehnung an die ältere Tradition, besonders die staatstragende Bedeutung der Religion hervor, die Religion als ”vinculum reipublicae”. Diese staatsrechtliche und religionspolitische Doktrin wurde auch von zum Beispiel Lipsius, Grotius und Locke vertreten und allgemein in der internationalen, staatsrechtlichen Literatur des 17. Jahrhunderts akzeptiert. Sie wurde auch zu einer zentralen Doktrin während des gesamten 18. Jahrhunderts. Im schwedischen akademischen Unterricht wurde dieser Gedanke ständig betont, oft unter Hinweis auf Pufendorf. Ohne Religion könnten Staaten nicht existieren, deshalb bezeichnete man die Religion als ”vinculum reipublicae”. All dies gilt ohne Ausnahme fiir den Unterricht an den theologischen, juristischen, sowie philosophischen Fakultäten. Während der Sechziger und Siebziger Jahre des 18. Jahrhunderts begann eine Verschiebung in dieser Lehre sich geltend zu machen. Dieses hängt vorallem mit der Nuanceverschiebung und der etwas andersartigen Terminologie in der Frage der Bedeutung der Religion fiir den Staat zusammen, sowie dies von der englischen ”moral-sense”-Philosophie und vorallem von Rousseau ausgedriickt wurde. Der letztere hatte in seiner Schrift ”Du contract social” ausfiihrlich die These von der Bedeutung der Religion fiir den Staat behandelt und seine Auffassung der Religion als einer Staatsreligion entwickelt. Dabei richtete er auch seine Aufmerksamkeit auf die ethische Bedeutung der Religion fiir die Tätigkeit der Staatsbiirger. Im 18. Jahrhundert begann diese veränderte Auffassung von Religion, vorallem ihre moralisch-ethische Funktion im Staat, Gehör zu finden und die alte Auffassung der Religion als ”vinculum reipublicae” abzulösen. Mehr und mehr betonte man die sittliche Bedeutung der Religion, obgleich man noch nicht bereit war, den Gedanken einer Religion, die dem Staat nixtzt, eine ”biirgerliche” oder ”Staatsreligion” zu akzeptieren. In den letzten zwei Jahrzehnten des Jahrhunderts ging die Entwicklung im schwedischen akademischen Unterricht dahin, dass man in Anlehnung an Rousseau und auch an die englische ”moral-sense”-Philosophie, die Bedeutung der Religion fiir Moral und Sittlichkeit der Staatsbiirger her\^orhob. Die Notwendigkeit von Religion wurde vornehmlich unter diesem Aspekt erklärt, sie war von diesem Gesichtspunkt aus gleichfalls notwendig fiir den Staat. Im gleichen Sinne konnte man sagen, dass kein Staat ohne Religion bestehen kann. Dieses gab dem Staat ein Recht seinen Staalsbiirgern Bedingungen stellen zu können, Bedingungen dariiber, welche Religion die Religion des Staates oder die ”Staatsreligion” sei. Besonders die Lehrer an den philosophischen Fakultäten machten sich zu Fursprechern, fiir diese, von Rousseau beeinflusste Auffassung v^on Staatsreligion. II. Religionseinhcit und rcligionsfreiheit. Trotzdem, dass die Staatsauffassungen von einer fortschreitenden Verweltlichung geprägt waren, hielt man doch an demGedanken fest, dass die Religion staatstragend sei. Diese Sicht gewann vorallem an Bedeutung in der Frage der 343
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